STEUERRAT FÜR NEURENTNER UND NEUPENSIONÄRE DES JAHRES 2021
Wer im Jahr 2021 in den Ruhestand tritt und erstmals Rente, Betriebsrente oder Pension bezieht, kann leider seinen Steuerordner noch nicht beiseite stellen, sondern muss sich nun mit den speziellen Regeln der neuen Rentenbesteuerung beschäftigen. Wir machen es Ihnen einfach, indem wir Ihnen hier die für Sie konkret maßgebenden Regelungen und Steuerbeträge aufzeigen. Steuertipps zur Minderung der Steuerlast im Jahr des erstmaligen Bezugs der Rente runden den Beitrag ab.
1. Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung
Die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wird mit dem sog. Besteuerungsanteil versteuert. Dies ist ein bestimmter Prozentsatz, der für das Jahr des Rentenbeginns gesetzlich festgelegt ist.
Für Rentner, die im Jahre 2021 erstmals Rente bezogen haben, beträgt der Besteuerungsanteil 81 % des Rentenbetrages. Der Bruttorentenbetrag ist also zu 81 % steuerpflichtig, wobei ein Werbungskosten-Pauschbetrag von 102 EUR abgezogen wird.
Im nachfolgenden Jahr 2022 wird der volle Jahresbetrag der Rente erneut mit dem Besteuerungsanteil von 81 % besteuert. Der verbleibende Anteil der Rente ist dann Ihr persönlicher Rentenfreibetrag, der fortan in gleicher Höhe für die gesamte Laufzeit der Rente gilt. Ab 2023 ist der volle Jahresrentenbetrag nach Abzug des Rentenfreibetrages und des Werbungskosten-Pauschbetrages von 102 EUR zu versteuern.
Beispiel:
Herr Müller geht im September 2021 in Rente und erhält eine Rente von monatlich 1.000 EUR. Zum 1.7.2022 erfolgt eine Rentenerhöhung auf 1.100 EUR.
Steuerpflichtig | ||
2021: Jahresbetrag der Rente Besteuerungsanteil: 81 % von 4.000 EUR Werbungskosten-Pauschbetrag | 4.000 EUR ./. 3.240 EUR | 3.240 EUR ./. 102 EUR |
Zu versteuern | = 3.138 EUR | |
2022: Jahresbetrag der Rente: (6 x 1.000 EUR + 6 x 1.100 EUR) Besteuerungsanteil: 81 % von 12.600 EUR | 12.600 EUR ./. 10.206 EUR | 12.600 EUR |
Rentenfreibetrag zeitlebens Werbungskosten-Pauschbetrag | = 2.394 EUR | ./. 2.394 EUR ./. 102 EUR |
Zu versteuern | = 10.104 EUR |
HINWEIS: Diese Steuerregeln gelten nicht nur für reguläre und vorgezogene Altersrenten, sondern auch für Witwen- und Witwerrenten, Waisenrenten sowie Erwerbsminderungsrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Ebenso gilt der Besteuerungsanteil für einmalige Leistungen, wie Sterbegelder und Abfindungen von Kleinstrenten. Steuerfrei bleiben hingegen Abfindungen von Witwen- und Witwerrenten wegen Wiederheirat, für Beitragserstattungen sowie für die Zahlung von Nachteilsausgleiche an Soldaten.
Steuererklärung: Der steuerpflichtige Teilbetrag der Rente gehört zu den „sonstigen Einkünften“. Geben Sie die Rente in der „Anlage R“ im Teil 1 an. Das Finanzamt berücksichtigt von Amts wegen den Werbungskosten-Pauschbetrag von 102 EUR, sofern Sie nicht höhere Aufwendungen geltend machen.
Hinweis: Da dem Finanzamt die Daten üblicherweise programmgesteuert bereits vorliegen (so genannte „eDaten“), können Sie auf eine Eintragung in der Steuererklärung allerdings auch verzichten.
Weitere Informationen: Gesetzliche Rentenversicherung: Steuerregeln für Beiträge und Renten
2. Versorgungsbezüge
Versorgungsbezüge sind – anders als Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung – in vollem Umfang als „Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit“ steuerpflichtig und daher in der „Anlage N“ anzugeben. Zu den Versorgungsbezügen gehören
- beamtenrechtliche Pensionen ohne Altersgrenze sowie Hinterbliebenenbezüge,
- Betriebsrenten vom ehemaligen Arbeitgeber aufgrund einer Pensionszusage oder aus einer Unterstützungskasse ab dem 63. Lebensjahr, bei Schwerbehinderten ab dem 60. Lebensjahr. Wird die Betriebsrente wegen Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit oder an die Hinterbliebenen gewährt, gilt die Altersgrenze nicht.
Versorgungsbezüge sind seit 2005 begünstigt durch den Versorgungsfreibetrag, den Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sowie den Werbungskosten-Pauschbetrag von 102 EUR. Der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag verringern sich für jeden neu in Ruhestand tretenden Jahrgang und werden dann jeweils für die gesamte Laufzeit der Bezüge festgeschrieben.
Wenn Sie im Jahre 2021 in den Ruhestand treten, beträgt zeitlebens der Versorgungsfreibetrag für Sie 15,2 % der Versorgungsbezüge, höchstens 1.140 EUR, und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag 342 EUR. Mitsamt Werbungskosten-Pauschbetrag von 102 EUR bleiben die Bezüge also bis zu 1.584 EUR steuerfrei – lebenslänglich.
HINWEIS: Falls die Versorgungsbezüge nicht während des ganzen Jahres gezahlt werden, werden der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag für jeden Monat ohne Versorgungsbezug um je ein Zwölftel gekürzt.
Ist die Altersgrenze von 63 bzw. 60 Jahren bei der Betriebsrente aufgrund Direktzusage oder aus Unterstützungskasse noch nicht erreicht, gilt die Rente noch nicht als „Versorgungsbezug“. Daher werden die Bezüge steuerlich wie normaler Arbeitslohn behandelt und davon lediglich der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.000 EUR abgezogen. Wird die Altersgrenze in späteren Jahren überschritten, werden ab diesem Zeitpunkt der für dieses Jahr maßgebende Versorgungsfreibetrag und Zuschlag berücksichtigt und statt des Arbeitnehmer-Pauschbetrages der Werbungskosten-Pauschbetrag von 102 EUR abgezogen.
Von den Betriebsrenten aufgrund Direktzusage oder aus Unterstützungskasse zu unterscheiden sind Betriebsrenten aus Pensionskassen und aus Direktversicherungen. Diese Renten sind steuerlich keine Versorgungsbezüge, auch wenn sie für die Beitragsberechnung der gesetzlichen Krankenversicherung als „Versorgungsbezüge“ bezeichnet werden. Steuerlich gilt Folgendes:
- Bei Versorgungszusage bzw. Vertragsabschluss vor 2005 sind die Renten nur mit dem günstigen Ertragsanteil als „sonstige Einkünfte“ zu versteuern, weil die Beiträge zuvor steuerpflichtig waren bzw. pauschal versteuert wurden. Kapitalzahlungen sind sogar völlig steuerfrei.
- Bei Versorgungszusage ab 2005 sind die Renten in voller Höhe als „sonstige Einkünfte“ steuerpflichtig und nur durch den Altersentlastungsbetrag begünstigt. Dasselbe gilt für Betriebsrenten aus Pensionsfonds (§ 22 Nr. 5 EStG).
Steuererklärung: Die Versorgungsbezüge sind „Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit“ und in der „Anlage N“ einzutragen. Übernehmen Sie hier die Beträge, wie sie im Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung bescheinigt sind. Beachten müssen Sie, dass die Versorgungsbezüge
- zum einen in der Zeile „Bruttoarbeitslohn“ anzugeben sind,
- zum anderen zusätzlich in der Zeile „Steuerbegünstigte Versorgungsbezüge“, damit der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zutreffend berechnet und steuermindernd abgezogen werden kann.
Hinweis: Da dem Finanzamt die Daten üblicherweise programmgesteuert bereits vorliegen (so genannte „eDaten“), können Sie auf eine Eintragung in der Steuererklärung allerdings auch verzichten.
Weitere Informationen: Versorgungsbezüge und Versorgungsfreibetrag.
AKTUELL: Während Beamtenpensionen ohne Altersbeschränkung mittels Versorgungsfreibetrag begünstigt sind, gilt dies nicht in jedem Falle für Betriebsrenten. Für diese wird ein Versorgungsfreibetrag nur gewährt, wenn der Empfänger das 63. Lebensjahr vollendet hat. Besonderheiten gelten im Übrigen bei einer Schwerbehinderung, bei Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit sowie bei Hinterbliebenenbezügen. Eine weitere Besonderheit gilt bei Bezügen, die zwar nicht von Vater Staat an Beamte gezahlt werden, aber dennoch beamtenrechtlichen Grundsätzen entsprechen und von Körperschaften des öffentlichen Rechts stammen. Diese sind – wie Beamtenpensionen – ohne Altersgrenze begünstigt. Doch wann liegen derartige Bezüge vor?
- Das Niedersächsische Finanzgericht hatte der Mitarbeiterin einer gesetzlichen Krankenkasse den Versorgungsfreibetrag unabhängig von einer Altersgrenze gewährt. Die Klägerin hatte mit ihrer Arbeitgeberin eine Vereinbarung getroffen, wonach sie im Alter von 57 Jahren beurlaubt wurde und fortan ein Ruhegeld erhalten hat. Nach Ansicht der Finanzrichter seien die Leistungen von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erbracht worden (Urteil vom 6.5.2015, 2 K 13/15). Leider lässt sich dem Urteil nicht entnehmen, um welche Krankenkasse es ging. Auf jeden Fall ist die Entscheidung trotz der zugelassenen Revision rechtskräftig geworden, so dass sich hierauf im Anschluss viele Vorruheständler berufen haben.
- Das FG Baden-Württemberg hingegen hat die Gewährung des Versorgungsfreibetrags in einem ähnlich gelagerten Fall abgelehnt und nicht einmal die Revision zugelassen (Urteil vom 17.10.2017, 5 K 2010/16). ABER: Aufgrund einer so genannten Nichtzulassungsbeschwerde konnte der Kläger erreichen, dass sich der Bundesfinanzhof mit der Sache befassen musste. Und siehe da: Der Steuerzahler, dem Vernehmen nach ein Mitarbeiter der BARMER Ersatzkasse, hat das Verfahren vor dem BFH gewonnen.
- Nun hat der BFH wie folgt geurteilt: Eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen liegt vor, wenn dem Arbeitnehmer nach einer Ruhelohnordnung, Satzung, Dienstordnung oder einem (Tarif-)Vertrag von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft eine lebenslängliche Alters- oder Dienstunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung auf der Grundlage seines Arbeitsentgelts und der Dauer seiner Dienstzeit gewährt wird. Die zugesagte Versorgung muss nach Voraussetzung, Art und Umfang ungeachtet gewisser Abweichungen einer beamtenrechtlichen Versorgung in wesentlichen Grundzügen gleichstehen. Die Begünstigung von Versorgungsbezügen setzt nicht voraus, dass auch das vorangegangene Dienstverhältnis beamtenrechtlichen Grundsätzen entsprach (BFH-Urteil vom 16.12.2020, VI R 29/18).
3. Zusatzrenten im öffentlichen Dienst (VBL-Rente)
Im öffentlichen Dienst erhalten Arbeiter und Angestellte eine Zusatzversorgung, mit der die Grundversorgung der gesetzlichen Rentenversicherung aufgestockt wird. Die Versorgungsrente der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL-Rente) sowie der Zusatzversorgungskassen (ZVK-Rente) werden steuerlich anders als eine Betriebsrente behandelt, wenn die Beiträge im Umlageverfahren finanziert wurden:
Diese Renten sind keine Versorgungsbezüge nach § 19 Abs. 2 EStG, die als Arbeitslohn aus einem früheren Dienstverhältnis voll steuerpflichtig wären. Weil nämlich die Beiträge des Arbeitgebers und der Arbeitnehmerbeitrag an die Versorgungseinrichtung während des Arbeitslebens als Arbeitslohn versteuert bzw. pauschal versteuert wurden, sind die Renten mit dem günstigen Ertragsanteil als „sonstige Einkünfte“ zu versteuern.
Sind Sie bei Rentenbeginn im Jahre 2021 bereits 65 Jahre alt, beträgt der Ertragsanteil nur 18 % des Rentenbetrages. Bei einem Alter von 64 Jahren sind es 19 %, bei 63 Jahren 20 %, bei 62 Jahren 21 % und bei 61 oder 60 Jahren 22 %. Steuermindernd berücksichtigt wird lediglich der Werbungskosten-Pauschbetrag von 102 EUR, nicht jedoch der Altersentlastungsbetrag.
Steuererklärung: Die Zusatzrenten gehören mit dem steuerpflichtigen Ertragsanteil zu den „sonstigen Einkünften“ und sind in der „Anlage R“ im Teil 2 anzugeben.
Hinweis: Da dem Finanzamt die Daten üblicherweise programmgesteuert bereits vorliegen (so genannte „eDaten“), können Sie auf eine Eintragung in der Steuererklärung allerdings auch verzichten.
Weitere Informationen: Betriebliche Altersvorsorge: Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst.
4. Rente aus privaten Rentenversicherungen
Erhalten Sie eine lebenslängliche Rente aus einer privaten Rentenversicherung, ist diese lediglich mit dem günstigen Ertragsanteil steuerpflichtig. Die Höhe des Ertragsanteils ist gesetzlich festgelegt und richtet sich nach Ihrem Lebensalter zu Beginn der Rentenzahlung.
Sind Sie bei Rentenbeginn im Jahre 2021 bereits 65 Jahre, beträgt der Ertragsanteil nur 18 % des Rentenbetrages. Bei einem Alter von 64 Jahren sind es 19 %, bei 63 Jahren 20 %, bei 62 Jahren 21 % und bei 61 oder 60 Jahren 22 %. Steuermindernd berücksichtigt wird lediglich der Werbungskosten-Pauschbetrag von 102 EUR, nicht jedoch der Altersentlastungsbetrag.
STEUERRAT: Werden Leibrenten nach dem Tod der versicherten Person während einer Rentengarantiezeit an die Hinterbliebenen weitergezahlt (sog. verlängerte Leibrenten), wird der ursprüngliche beim Erblasser angewandte Ertragsanteil fortgeführt.
Entscheiden Sie sich bei einer Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht für die Kapitalzahlung, ist dieser Betrag in vollem Umfang steuerfrei. Vorausgesetzt, der Vertrag wurde vor dem 1.1.2005 abgeschlossen, die Vertragslaufzeit hat mindestens 12 Jahre betragen und die Beiträge wurden für mindestens 5 Jahre gezahlt.
Dasselbe gilt für fällige Kapitallebensversicherungen.
Steuererklärung: Die Renten aus privaten Rentenversicherungen gehören mit dem steuerpflichtigen Ertragsanteil zu den „sonstigen Einkünften“ und sind in der „Anlage R“ im Teil 2 anzugeben.
Hinweis: Bei privaten Renten liegen dem Finanzamt die Daten grundsätzlich nicht vor. Daher sind Eintragungen in der Steuererklärung zwingend erforderlich.
Weitere Informationen: Ausfüllhilfe zur Anlage R – Renteneinkünfte – 2020
5. Andere Alterseinkünfte
Erzielen Sie neben Ihrer Rente, Betriebsrente oder Pension noch andere Einkünfte, wie Arbeitslohn, Zinserträge oder Mieteinnahmen, sind diese normal zu versteuern. Diese anderen Alterseinkünfte werden durch den Altersentlastungsbetrag begünstigt, wenn Sie zu Beginn des Steuerjahres mindestens 64 Jahre alt sind. Der Altersentlastungsbetrag verringert sich für jeden neuen Jahrgang nach dem 64. Geburtstag. Im Jahr nach Vollendung des 64. Lebensjahres wird der maßgebende Prozentsatz und Höchstbetrag einmal festgestellt und dann zeitlebens festgeschrieben.
Falls Sie im Jahr 2020 das 64. Lebensjahr vollendet haben (geboren also vom 2.1.1956 bis 1.1.1957), beträgt der Altersentlastungsbetrag für Sie ab 2021 zeitlebens 15,2 % der Einkünfte, höchstens 722 EUR.
Werden Sie erst im Jahre 2021 64 Jahre alt (geboren vom 2.1.19567bis 1.1.1958), bekommen Sie ab 2022 zeitlebens einen Altersentlastungsbetrag von 14,4 %, höchstens 684 EUR.
Begünstigt durch den Altersentlastungsbetrag sind auch folgende Einnahmen:
- als „sonstige Einkünfte“ auch Renten, die in voller Höhe nach § 22 Nr. 5 EStG zu versteuern sind, also Renten, deren Beiträge durch Altersvorsorgezulage begünstigt waren (sog. „Riester“-Rente) oder die steuerfrei gestellt waren (Renten aus Pensionskasse, Pensionsfonds und ab 2005 aus Direktversicherung).
- als „Einkünfte aus Kapitalvermögen“ auch der steuerpflichtige Ertrag bei Auszahlung von Lebensversicherungen und Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht, die ab 2005 abgeschlossen wurden.
- als „Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit“ auch eine betriebliche Versorgungsrente aufgrund Ausscheidens aus dem Betrieb oder aufgrund Veräußerung des Betriebes. Diese Rente ist nicht durch einen Versorgungsfreibetrag begünstigt (BFH-Urteil vom 22.3.2006, XI R 60/03).
Steuererklärung: Die Alterseinkünfte tragen Sie in den entsprechenden Anlagen ein, z.B. „Anlage KAP“, „Anlage V“, „Anlage N“ oder „Anlage R“. Der Altersentlastungsbetrag wird aufgrund Ihres Geburtsdatums vom Finanzamt von Amts wegen berücksichtigt. Sie brauchen ihn also nicht zu beantragen.
Weitere Informationen: Der Altersentlastungsbetrag für bestimmte Alterseinkünfte
6. Einnahmen aus geringfügiger Beschäftigung (Minijob)
Gar mancher Ruheständler möchte seine Rente aufbessern oder sich die Zeit vertreiben und übt deshalb noch einen Mini-Job aus. Damit können Sie bis zu 450 EUR im Monat brutto für netto kassieren, denn der Arbeitgeber muss darauf eine Pauschalabgabe von 30 % an die Minijob-Zentrale abführen. Darin ist auch eine Pauschalsteuer von 2 % enthalten, mit der Ihre Steuerpflicht erledigt ist.
In der Praxis gibt es aber immer wieder Arbeitgeber, die diese Pauschalsteuer von 2 % einsparen möchten und deshalb vom Rentner den Lohnsteuerabzug nach elektronischen Lohnsteuermerkmalen verlangen. Gerade bei Rentnern wird argumentiert, dass diese ohnehin keine Steuern zahlen müssten. Richtig ist, dass bei Rentnern mit der Lohnsteuerklasse I (alleinstehend) oder III (verheiratet) von den 450 EUR keine Lohnsteuer einbehalten wird.
Trotzdem hat die Vorlage der „Lohnsteuerkarte“ (also die Abrechnung nach der allgemeinen Lohnsteuer) für Rentner einen gewaltigen Haken: Anders als der pauschal versteuerte Minilohn ist der Verdienst „auf Lohnsteuerkarte“ steuerpflichtiger Arbeitslohn und muss in der Steuererklärung angegeben werden. Von dem Hinzuverdienst bis zu 5.400 EUR im Jahr gehören nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrages von 1.000 EUR immerhin 4.400 EUR in den Steuertopf des Rentners.
Dieser Steuertopf wird bei Rentnern schneller gefüllt als früher, weil die Alterseinkünfte nun in zunehmendem Maße steuerpflichtig werden:
- Von der gesetzlichen Rente (auch Witwer- oder Witwenrente) gehen bei Rentenbeginn in 2021 nun 81 % in den Steuertopf.
- Jede Rentenerhöhung in den kommenden Jahren wandert in vollem Umfang in den Steuertopf.
- Falls noch eine Betriebsrente vorhanden ist, kommt diese – bei Rentenbeginn in 2021 – nach Abzug des Versorgungsfreibetrages von 15,1 %, max. 1.140 EUR, des Zuschlages von 342 EUR sowie des Werbungskosten-Pauschbetrages von 102 EUR hinzu.
- Gibt es eine Rente aus einer privaten Rentenversicherung, zählt diese ab 65 Jahren mit 18 % zum Steuertopf.
- Wenn Sie auch noch Mieteinnahmen kassieren, werden diese nach Abzug der Werbungskosten und des Altersentlastungsbetrages ebenfalls erfasst. Der Altersentlastungsbetrag wird vom Finanzamt automatisch berücksichtigt, wenn Sie im Jahre 2020 das 64. Lebensjahr vollendet hatten. Er beträgt ab 2021 zeitlebens 15,2 %, höchstens 722 EUR.
- Und falls schon jemand eine „Riester“-Rente bekommen sollte, wird auch diese nach Abzug von 102 EUR in voller Höhe mitgerechnet.
- Sind auch noch Zinsen und andere Kapitalerträge vorhanden, bleiben diese grundsätzlich außen vor, wenn davon Abgeltungsteuer in Höhe von 25 % einbehalten worden ist. Doch bei Einbeziehung in die Steuerveranlagung (etwa wegen eines Steuersatzes unter 25 %) füllen diese den Topf nach Abzug des Sparerpauschbetrages von gerade mal 801 bzw. 1.602 EUR sowie des Altersentlastungsbetrages.
STEUERRAT: Rentner müssen seit 2005 wesentlich mehr versteuern als früher. Wenn Sie nun einen Minijob ausüben, sollten Sie unbedingt vermeiden, dass auch dieser Nebenverdienst in den Steuertopf wandert. Gestatten Sie dem Arbeitgeber deshalb nicht die Besteuerung nach elektronischen Lohnsteuermerkmalen (ELStAM) und bestehen Sie auf der Besteuerung mittels Pauschalsteuer von läppischen 2 % durch den Arbeitgeber.
Weitere Informationen: Keine Lust auf Ruhestand: Besonderheiten bei Beschäftigung im Rentenalter.
7. Vorsorge: Günstigerprüfung entfallen
Vorsorgeaufwendungen werden seit 2005 nach neuen Regeln steuerlich berücksichtigt. Seit 2010 gibt es für Vorsorgeaufwendungen drei verschiedene Abzugsbeträge: Beiträge zur Altersvorsorge, zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung sowie zu anderen Versicherungen. Demgegenüber gab es bis zum Jahr 2004 für sämtliche Versicherungsbeiträge nur einen einheitlichen Vorsorgehöchstbetrag.
Um Verschlechterungen zu vermeiden, hat das Finanzamt bis einschließlich 2019 von Amts wegen eine sog. Günstigerprüfung durchgeführt (§ 10 Abs. 4a EStG). In den Jahren 2005 bis 2019 hat das Finanzamt also von Amts wegen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung, ob für Sie die neue Regelung oder die alte Regelung des Jahres 2004 günstiger war.
Seit 2020 ist die Günstigerprüfung aber entfallen.
Vordruck: Abzugsfähige Vorsorgeaufwendungen 2021 (PDF).
8. Krankenversicherung: Kleine Betriebsrenten und Kapitalzahlungen frei
Seit 2004 müssen Rentner auf Betriebsrenten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung mit dem allgemeinen Beitragssatz in voller Höhe von derzeit 14,6 % zahlen (vorher nur die Hälfte). Zusätzlich ist der kassenindividuelle Zusatzbeitrag in voller Höhe zu zahlen, rund 1 bis 1,5 %. Für die gesetzliche Rente müssen Rentner nur den halben Beitragssatz zahlen. Hinzu kommt die Pflegeversicherung, ebenfalls in voller Höhe von 3,05 % plus 0,25 % für Kinderlose. Außerdem sind Beiträge auch auf Kapitalleistungen aus Direktversicherungen und Pensionskassen fällig. Hierzu wird die Kapitalleistung auf 10 Jahre verteilt und monatlich mit 1/120 als beitragspflichtige Einnahme behandelt (§ 229 SGB V). Diese Beitragspflicht gilt ohne Vertrauensschutz auch für Verträge, die vor 2004 abgeschlossen wurden, und auch dann, wenn in der Ansparphase bereits Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden. Eine ungerechte Doppelverbeitragung!
- Noch schlimmer: Mit dem vollen Beitragssatz zahlen die Rentner auch noch den Beitragsanteil des Arbeitgebers obendrauf – also eine Dreifachverbeitragung! Eine schlimmere Abzocke gibt es fast nicht! Sie alle müssen fast 20 Prozent ihres Ersparten wieder abgeben. Die betroffenen Rentner fühlen sich vom Gesetzgeber um die Früchte ihrer Altersvorsorge betrogen. Für sie ist dies nichts anderes als eine „kalte Enteignung“ durch einen ungerechtfertigten Eingriff in ihre finanzielle Lebensplanung. Tückisch daran: Den meisten wird diese Belastung erst klar, wenn sie in den Ruhestand gehen.
- Beitragsfrei in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bleiben nur sehr kleine Betriebsrenten und Kapitalleistungen: Im Jahr 2019 lag diese Freigrenze im Westen bei 155,75 EUR und im Osten bei 143,50 EUR. Dies ist „ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV“. Zum 1.1.2020 ist eine Beitragsentlastung für Bezieher von Betriebsrenten und von Kapitalleistungen der betrieblichen Altersvorsorge eingeführt worden. Um die Doppelverbeitragung zu mildern, wurde für „Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst“ die frühere Freigrenze zu einem Freibetrag umgewandelt. Dieser beträgt im Jahre 2020 monatlich 159,25 EUR (§ 226 Abs. 2 Satz 2 SGB V), im Jahre 2021 beträgt er monatlich 164,50 EUR. Das bedeutet:
·
- Bei Betriebsrenten und bei der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst fallen bis zu diesem Freibetrag keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung mehr an.
- Nur von dem übersteigenden Betrag müssen Rentner den vollen Beitrag zur Krankenversicherung (14,6 %) und den vollen KV-Zusatzbeitrag zahlen.
- Für die Beiträge zur Pflegeversicherung ändert sich nichts, hier gilt weiterhin die „Freigrenze“: Sofern die Betriebsrente mehr als 164,50 EUR beträgt, ist für die gesamte Rente der PV-Beitrag in voller Höhe zu zahlen (3,05 % plus 0,25 % für Kinderlose). Ist die Rente niedriger, ist sie beitragsfrei.
- Die Freibetrags-Regelung gilt nur für Rentner, die in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) versichert sind. Für die – relativ wenigen – Rentner, die im Ruhestand freiwillig gesetzlich krankenversichert sind, gilt die Neuregelung nicht. Wie bisher müssen sie von ihren vollen Versorgungsbezügen die vollen KV-Beiträge zahlen.
- Für Betriebsrenten, die mittels Riesterförderung aufgebaut wurden, bringt die Neuregelung keine Änderung. Betriebliche Riester-Renten, wie beispielsweise „VBL extra“ im öffentlichen Dienst, sind schon seit 2018 in der GKV beitragsfrei, ebenso in der Pflegeversicherung (§ 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB IV).
- Die Verbesserungen gelten sowohl für bestehende als auch für neue Renten. Ein Antrag ist dafür nicht erforderlich. An den Abzügen, die in der Vergangenheit vorgenommen wurden, ändert sich leider nichts. Es gibt also keine rückwirkende Beitragserstattung.
HINWEIS: Freigrenze und Freibetrag sind an die sozialversicherungsrechtliche „Bezugsgröße“ gekoppelt und betragen „ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV“. Diese Größe folgt in etwa der durchschnittlichen Lohnentwicklung.
So wirken der neue Freibetrag und die bisherige Freigrenze
- Die bisherige Freigrenze gilt für „Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen“ (gemäß § 226 Abs. 1 Nr. 3 und 4 sowie Abs. 2 SGB V). Zu den „Versorgungsbezügen“ zählen neben den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung auch Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, Bezüge aus der Versorgung der Abgeordneten, Parlamentarischen Staatssekretäre und Minister, Renten der berufsständischen Versorgungseinrichtungen sowie Renten und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte. „Arbeitseinkommen“ ist der Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit, die allerdings nicht hauptberuflich ausgeübt wird, sondern neben dem Bezug einer gesetzlichen Rente oder von Versorgungsbezügen.
- Der neue Freibetrag ist nur auf einen Teil der Versorgungsbezüge anzuwenden, nämlich auf „Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung“ (gemäß § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V). Er gilt nicht für andere Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen. Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sind monatlich ausgezahlte Betriebsrenten sowie Kapitalauszahlungen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung, z.B. aus Direktversicherungen (fiktiver Bezug für zehn Jahre). Von der Gesamtsumme ist der Freibetrag abzuziehen.
- Der neue „Freibetrag“ gilt zusätzlich zur bisherigen „Freigrenze“. Das bedeutet:
- Zunächst ist zu prüfen, ob die „Freigrenze“ durch Betriebsrenten, Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen überschritten wird.
- Ist dies der Fall, bleibt die Summe der monatlichen Betriebsrenten bis zur Höhe des „Freibetrags“ in der Krankenversicherung beitragsfrei. Ist dies nicht der Fall, bleiben die gesamten Bezüge beitragsfrei.
- Für Arbeitseinkommen und die anderen Versorgungsbezüge nach § 229 Abs. 1 SGB V sind Beiträge wie bisher zu zahlen, auch wenn nach Abzug des Freibetrages für Betriebsrenten das verbleibende Arbeitseinkommen und die weiteren Versorgungsbezüge die Freigrenze unterschreiten.
- Auch bezüglich der sozialen Pflegeversicherung bleibt die bisherige Rechtslage unverändert – und es gilt weiterhin die „Freigrenze“. Sofern die Betriebsrente mehr als 164,50 EUR monatlich beträgt, ist für die gesamte Rente der PV-Beitrag in voller Höhe zu zahlen (3,05 % plus 0,25 % für Kinderlose).
STEUERRAT: Eine KV-Beitragsbefreiung gibt es seit 2019 für Leistungen aus einer Direktversicherung oder Pensionskasse, wenn und soweit der Versicherte den Vertrag nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses als alleiniger Versicherungsnehmer mit eigenen Mitteln privat fortgeführt hat (§ 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V, geändert durch das „GKV-Versichertenentlastungsgesetz“ vom 11.12.2018).
Weitere Informationen: Krankenversicherung: Volle Beiträge für Versorgungsbezüge und Kapital.
9. Später in Rente: Zehnte Stufe zur Rente mit 67 für den Jahrgang 1956
Im Jahre 2021 wird der Geburtsjahrgang 1956 nun 65 Jahre alt und erreicht damit das gesetzliche Rentenalter von bisher 65 Jahren. Zeit also, um in Rente gehen zu können. Doch im Jahr 2012 startete für Neurentner die „Rente mit 67“ – und damit sind spezielle Grenzen zu beachten.
Regelaltersrente: Die Regelaltersgrenze wird seit 2012 schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben, zunächst um einen Monat pro Jahrgang und ab 2024 um zwei Monate pro Jahrgang. Das bedeutet: Der Jahrgang 1946 ist der letzte, der 2011 noch mit spätestens 65 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen durfte. Wer also im Jahre 2012 das gesetzliche Rentenalter von 65 Jahre erreicht hat, konnte erst einen Monat später die Rente ohne Rentenabschläge beziehen. Das war der Geburtsjahrgang 1947. Wer beispielsweise am 15.2.1947 geboren ist, erhielt die Rente nicht schon ab dem 1.3.2012, sondern erst ab dem 1.4.2012.
Am 1.1.2021 tritt die 10. Stufe in Kraft: Wer im Jahre 2021 65 Jahre alt wird, muss nun schon 10 Monate länger arbeiten bzw. warten, bis er die gesetzliche Rente abschlagsfrei bekommen kann. Das ist der Geburtsjahrgang 1956.
HINWEIS: Wer beispielsweise am 15.2.1956 geboren ist, erhält die Rente ohne Abschlag nicht schon ab dem 1.3.2021, sondern erst ab dem 1.1.2022.
Rente für besonders langjährig Versicherte: Wer ab dem 1.7.2014 mindestens 45 Beitragsjahre nachweisen kann, darf bzw. durfte die Altersrente bereits mit 63 Jahren ohne Rentenabschläge beziehen. Bei Personen, die zwischen 1953 und 1964 geboren sind, wird die Altersgrenze von 63 Jahren stufenweise auf 65 Jahre angehoben. Die Anhebung erfolgt ab 2016 in Schritten von jeweils 2 Monaten pro Jahrgang. Im Jahre 2021 erreicht der Geburtsjahrgang 1958 das 63. Lebensjahr. Wer dann die 45 Versicherungsjahre voll hat, kann die Rente mit 63 Jahren plus 12 Monaten beziehen, also mit 64 Jahren beziehen. Versicherte, die ab dem 1.1.1964 geboren sind, können die abschlagsfreie Rente mit 45 Beitragsjahren erst mit 65 Jahren in Anspruch nehmen – sie profitieren nicht mehr von der befristeten Sonderregelung.
Rente für langjährig Versicherte: Wer 35 Beitragsjahre nachweisen kann, kann die „Altersrente für langjährig Versicherte“ bereits vorzeitig mit 63 Jahren in Anspruch nehmen, muss dafür allerdings lebenslang Abschläge in Kauf nehmen. Die Anzahl der Abschlagsmonate steigt bei Rentenbeginn mit 63 Jahren parallel zur Regelaltersgrenze an – jedoch erst für Geburtsjahrgänge ab 1949.
Im Jahre 2021 kann der Geburtsjahrgang 1958 die Rente mit 63 Jahren und einem lebenslangen Rentenabschlag von 10,8 % erhalten.
Schwerbehindertenrente: Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen können Frauen und Männer erhalten, die bei Beginn der Rente schwerbehindert sind und die Mindestversicherungszeit (Wartezeit) von 35 Jahren erfüllen. Der Geburtsjahrgang 1958 kann die Rente abschlagsfrei mit 64 Jahren erhalten. Frühestens kann die Rente mit 61 Jahren, dann aber mit einem Abschlag von 10,8 % bezogen werden
Erwerbsminderungsrente: Im Fall der vollen Erwerbsminderung kann die Erwerbsminderungsrente vor der Regelaltersgrenze ohne Rentenabschlag beansprucht werden. Im Jahre 2021 wird eine Rente wegen Erwerbsminderung ohne Rentenabschlag erst mit 64 Jahren plus sechs Monaten gezahlt. Bei früherem Bezug müssen Rentenabschläge hingenommen werden, und zwar 0,3 % pro Monat – höchstens aber 10,8 %.
NEU: Seit dem 1.1.2019 ist die Zurechnungszeit bei Erwerbsminderungsrenten für neue Rentenzugänge früher und in größerem Ausmaß verlängert worden:
- Bei Rentenbeginn im Jahre 2018 endet die Zurechnungszeit gemäß bisheriger Gesetzeslage mit Vollendung des 62. Lebensjahres und 3 Monaten.
- Bei Rentenbeginn im Jahre 2019 erfolgt eine Verlängerung der Zurechnungszeit in einem Schritt auf das vollendete 65. Lebensjahr und 8 Monate.
- Bei Rentenbeginn in den Jahren 2020 bis 2031 wird die Zurechnungszeit – genau wie das Renteneintrittsalter – schrittweise auf das vollendete 67. Lebensjahr verlängert. Die schrittweise Verlängerung beginnt im Jahr 2020 mit einer Anhebung um einen Monat. Die Stufen der Anhebung betragen anschließend bis zum Jahr 2027 ebenfalls einen Monat je Kalenderjahr. Ab dem Jahr 2028 wird die Zurechnungszeit jeweils um zwei Monate je Kalenderjahr angehoben.
- Bei Rentenbeginn ab dem Jahre 2031 endet die Zurechnung mit Vollendung des 67. Lebensjahres.
Erwerbsgeminderte werden damit ab dem Jahr 2031 so gestellt, als ob sie – entsprechend der Bewertung ihrer Zurechnungszeit – bis zur Regelaltersgrenze gearbeitet hätten. Die Zurechnungszeit endet mit der Vollendung des 67. Lebensjahres. Entsprechendes gilt für die Renten wegen Todes. Die Verlängerung wird auch auf die Alterssicherung der Landwirte übertragen.
Die Zurechnungszeit endet spätestens mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze. Hat der verstorbene Versicherte im Zeitpunkt des Todes Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, ist bei einer nachfolgenden Hinterbliebenenrente eine Zurechnungszeit nur insoweit zu berücksichtigen, wie sie in der vorangegangenen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit angerechnet wurde.
ACHTUNG: Die Leistungsverbesserungen begünstigen nur neue Erwerbsminderungsrenten, die ab dem 1.1.2019 bewilligt werden. Sie gelten nicht für Personen, die am 1.1.2019 bereits eine Erwerbsminderungsrente beziehen. Bestehende Renten werden nicht neu berechnet.
Witwen- oder Witwerrente: Die Altersgrenze für den Bezug der großen Witwen- oder Witwerrente wird vom Jahr 2012 an bis zum Jahr 2029 schrittweise von 45 auf 47 Jahre heraufgesetzt. Die Stufen der Anhebung betragen zunächst in den Jahren 2012 bis 2023 einen Monat pro Jahr und in den Jahren 2024 bis 2029 zwei Monate pro Jahr.
Bei Tod des Versicherten im Jahre 2021 liegt die Altersgrenze für die große Witwen- oder Witwerrente bei 45 Jahren und 10 Monaten. Die große Witwen- oder Witwerrente beträgt 60 % der auf den Todeszeitpunkt berechneten Altersrente des verstorbenen Ehegatten. Der Rentenartfaktor beträgt also 0,6. Witwen oder Witwer unter 45 Jahren (plus x Monate) haben nach dem Tode des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwen- oder Witwerrente. Diese beträgt 25 % der auf den Todeszeitpunkt berechneten Altersrente des verstorbenen Ehegatten, der Rentenartfaktor also 0,25. Mit Erreichen des 45. Lebensjahres plus 10 Monate wird die kleine in eine große Witwen- oder Witwerrente umgewandelt.
Zur Rentenbesteuerung: Bei Rentenbeginn im Jahre 2021 beträgt der Besteuerungsanteil der Rente 81 %. Mit dem Besteuerungsanteil wird die Rente im Jahr des Rentenbeginns und im zweiten Rentenbezugsjahr besteuert. Der Restbetrag im zweiten Jahr ist der persönliche Rentenfreibetrag, der dann zeitlebens unverändert steuerfrei bleibt. Ab dem dritten Jahr ist die Rente in voller Höhe nach Abzug des persönlichen Rentenfreibetrages und des Werbungskosten-Pauschbetrages von 102 EUR steuerpflichtig.
Weitere Informationen: Ab 2012 später in Rente: Anhebung der Renten-Altersgrenze auf 67 Jahre.
10. Rente mit 63: Abschlagsfreie Rente in 2021 erst mit 63 plus 12 Monate
Die „Altersrente für langjährig Versicherte“ kann man bereits mit 63 Jahren vorzeitig in Anspruch nehmen, wenn mindestens 35 Versicherungsjahre erreicht sind. Allerdings müssen dafür lebenslange Rentenabschläge in Kauf genommen werden. Im Jahre 2021 erreicht der Jahrgang 1958 die 63-Jahres-Grenze. Wer in diesem Jahr geboren wurde, kann die Altersrente für langjährig Versicherte mit einem Abschlag von 10,8 Prozent beziehen.
Davon zu unterscheiden ist die „Altersrente für besonders langjährig Versicherte„: Wer ab dem 1.7.2014 mindestens 45 Versicherungsjahre nachweisen kann bzw. konnte, darf/durfte die Altersrente bereits mit 63 Jahren ohne Rentenabschläge beziehen. Von dieser zeitlich befristeten Vorzugsregelung profitierten aber gerade einmal anderthalb Jahrgänge, nämlich Versicherte, die zwischen Juli 1951 und Dezember 1952 geboren sind. Wer ab dem 1.1.1953 geboren ist, muss einige Monate länger arbeiten. Bei ihnen wird die Altersgrenze von 63 Jahren stufenweise auf 65 Jahre angehoben. Die Anhebung erfolgt ab 2016 in Schritten von jeweils 2 Monaten pro Jahrgang. Versicherte, die ab dem 1.1.1964 geboren sind, können die abschlagsfreie Rente mit 45 Versicherungsjahren erst mit 65 Jahren in Anspruch nehmen – sie profitieren überhaupt nicht mehr von der befristeten Sonderregelung.
Im Jahre 2021 erreicht der Geburtsjahrgang 1958 das 63. Lebensjahr. Wer dann die 45 Versicherungsjahre voll hat, kann die abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren plus 12 Monaten bekommen. Auch in den folgenden Jahren steigt die Altersgrenze weiter, und zwar jeweils um zwei Monate pro Geburtsjahrgang. Beispielsweise kann der Jahrgang 1959 die abschlagsfreie Rente erst mit 63 Jahren + 14 Monate beziehen. Aus der „Rente mit 63“ wird die „Rente mit 63 plus 14“.
STEUERRAT: Eine Frage wird häufig gestellt: Kann bei einem Renteneintritt ab Januar 2021 („Rente mit 63 plus 12“) die Rente dennoch bereits mit 63 Jahren beansprucht und dafür ein Rentenabschlag von 0,3 Prozent je Monat hingenommen werden? Leider nein. Die „Rente mit 63 plus x“ ist als abschlagsfreie Rente ausgestaltet, ohne Möglichkeit, sie vorzeitig und mit Abschlägen zu beziehen.
Falls Sie die Rente partout mit dem 63. Geburtstag haben wollen, kommt nur die „Rente für langjährig Versicherte“ mit 35 Versicherungsjahren in Betracht. Dann beträgt der Rentenabschlag für den Jahrgang 1958 lebenslang aber 10,8 %.
Zu den anrechenbaren 45 Versicherungsjahren zählen
- Zeiten mit Pflichtbeiträgen aufgrund einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit,
- Zeiten mit Kindererziehung bis zum 3. Lebensjahr des Kindes (jedoch nicht die Zeit des Mutterschutzes 6 Wochen vor der Entbindung, denn diese Zeit gilt als beitragsfreie Anrechnungszeit),
- Kinderberücksichtigungszeiten bis zum 10. Lebensjahr des jüngsten Kindes,
- Zeiten mit nicht erwerbsmäßiger Pflege von Angehörigen,
- Zeiten von Wehr- und Zivildienst,
- Zeiten geringfügiger Beschäftigung mit Rentenversicherungspflicht,
- Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld I (zeitlich unbegrenzt!), Teilarbeitslosengeld und Übergangsgeld,
- Zeiten des Bezugs von Leistungen bei beruflicher Weiterbildung (Unterhaltsgeld),
- Zeiten des Bezugs von Kurzarbeitergeld, Saisonkurzarbeitergeld, Schlechtwettergeld, Winterausfallgeld, Insolvenzgeld, Konkursausfallgeld, Krankengeld, Verletztengeld,
- Zeiten mit freiwilligen Beiträgen, sofern vorher mindestens 18 Jahre Pflichtbeiträge aus Beschäftigung oder aus selbstständiger Tätigkeit eingezahlt wurden.
STEUERRAT: Wer vor Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze (65 Jahre + x Monate) eine Rente bezieht, muss Hinzuverdienstgrenzen beachten: Unschädlich ist ein Hinzuverdienst bis 6.300 EUR pro Jahr. In den Coronajahren 2020 und 2021 gibt es allerdings großzügige Sonderregelungen für den Hinzuverdienst!
Weitere Informationen: Vorgezogene Altersrenten: Die abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren.
11. Witwen- und Witwerrente: Die große Witwenrente gibt’s später
Nach dem Tode des in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Ehegatten/eingetragenen Lebenspartners haben Witwen oder Witwer Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente, sofern der Verstorbene die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren erfüllt oder vor seinem Tod bereits eine Rente bezogen hat. Die Ehe muss zum Zeitpunkt des Todes rechtsgültig bestanden haben. Ob Sie tatsächlich zusammen oder getrennt lebten, spielt hingegen keine Rolle. Wenn Sie nur verlobt waren, ohne Eheschließung zusammenlebten oder in Deutschland – seit 2009 möglich! – nur kirchlich getraut wurden, besteht kein Anspruch auf die Witwen-/Witwerrente. Falls die Witwe bzw. der Witwer wieder heiratet, fällt die Rente weg (§ 46 SGB VI).
Zu unterscheiden sind die große und die kleine Witwen- oder Witwerrente:
- Anspruch auf die große Witwen-/Witwerrente besteht, wenn der Hinterbliebene das 45. Lebensjahr vollendet hat (ab 2012 zzgl. x Monate) oder ein eigenes Kind oder ein Kind des verstorbenen Ehegatten erzieht, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (behinderte Kinder auch über das 18. Lebensjahr hinaus) oder erwerbsgemindert ist. Die große Witwen-/Witwerrente beträgt 60 % der auf den Todeszeitpunkt berechneten Altersrente des verstorbenen Ehegatten. Der Rentenartfaktor beträgt also 0,6.
- Anspruch auf die kleine Witwen-/Witwerrente besteht, wenn keine der vorgenannten Voraussetzungen vorliegt. Die Rente beträgt 25 % der auf den Todeszeitpunkt berechneten Altersrente des verstorbenen Ehegatten, der Rentenartfaktor also 0,25. Mit Erreichen des 45. Lebensjahres wird die kleine in eine große Witwen-/Witwerrente umgewandelt.
Seit 2012 wird die Altersgrenze von 45 Jahren, die über große oder kleine Witwen-/Witwerrente entscheidet, schrittweise von 45 auf 47 Jahre heraufgesetzt. Die Stufen der Anhebung betragen zunächst in den Jahren 2012 bis 2023 einen Monat pro Jahr und in den Jahren 2024 bis 2029 zwei Monate pro Jahr.
Bei Tod des Versicherten im Jahre 2021 liegt die Altersgrenze für die große Witwen-/Witwerrente bei 45 Jahren und 10 Monaten. Bei Beziehern der kleinen Witwen-/Witwerrente erfolgt mit Erreichen dieser Altersgrenze eine Umwandlung in die große Witwen-/Witwerrente.
Bei Heirat nach dem 1.1.2002 oder wenn beide Ehepartner nach dem 1.1.1962 geboren sind, gilt seit 2002 das neue Hinterbliebenenrecht. In diesem Fall beträgt die große Witwen-/Witwerrente nur 55 % der Rente des verstorbenen Ehepartners, wird aber zum Ausgleich um einen Zuschlag erhöht, wenn der Hinterbliebene Kinder bis zum dritten Lebensjahr erzogen hat und dafür Kinderberücksichtigungszeiten anerkannt wurden. Die kleine Witwen-/Witwerrente beträgt zwar weiterhin 25 %, wird jedoch nur noch für zwei Jahre gezahlt. Zudem besteht nur dann Anspruch auf Witwen-/Witwerrente, wenn die Ehe mindestens ein Jahr bestanden hat (Ausnahme: Tod durch Unfall oder nicht vorhersehbare Erkrankung).
STEUERRAT: Sowohl nach altem wie auch nach neuem Hinterbliebenenrecht wird die große und die kleine Witwen-/Witwerrente in den ersten drei Monaten nach dem Tode des Versicherten stets in voller Höhe gezahlt. Der Rentenartfaktor beträgt also 1,0.
Bei Witwen und Witwern wird das eigene Einkommen angerechnet. Dabei ermittelt die Rentenversicherung aus dem Bruttoeinkommen durch Abzug von Pauschalwerten, die sich nach der Art des Einkommens richten, ein Nettoeinkommen. Bis zu einem bestimmten Freibetrag bleibt das Einkommen bei Witwen- oder Witwerrenten unberücksichtigt. Für jedes Kind erhöht sich der Freibetrag. Übersteigt das Nettoeinkommen den Freibetrag, werden vom übersteigenden Betrag 40 Prozent auf die Rente angerechnet.
Der allgemeine Freibetrag liegt aktuell für die Zeit vom 1.7.2020 bis 30.6.2021 bei 877,27 EUR (Ost) bzw. bei 902,62 EUR (West). Der Freibetrag je Kind liegt aktuell für die Zeit vom 1.7.2020 bis 30.6.2021 bei 186,09 EUR (Ost) bzw. bei 191,46 EUR (West)
Weitere Informationen: Hinterbliebenenrente: Witwen- oder Witwerrente.
12. Renteneintritt ab 2012: Wann es welche Rente mit und ohne Abschlag gibt
Seit 2012 wird die Regelaltersgrenze für die normale Altersrente schrittweise von 65 Jahren auf 67 Jahre angehoben. Dies geschieht über einen Zeitraum von 18 Jahren. Versicherte des Geburtsjahrgangs 1947 können nicht mehr mit 65 Jahren, sondern erst mit 65 Jahren und einem Monat eine Regelaltersrente beziehen. In den Folgejahren erhöht sich die Altersgrenze um jeweils einen Monat pro Geburtsjahrgang. Ab Jahrgang 1958 ist eine Altersgrenze von 66 Jahren erreicht. Für die folgenden Jahrgänge wird die Altersgrenze um jeweils zwei Monate pro Geburtsjahrgang erhöht, sodass die Altersgrenze von 67 Jahren ab dem Jahrgang 1964 gilt.
Die Möglichkeit, vorzeitig in Rente zu gehen, bleibt auch künftig erhalten:
- Die Rente für langjährig Versicherte mit mindestens 35 Jahren rentenrechtlicher Zeiten kann weiterhin ab 63 Jahren beansprucht werden, doch dafür müssen entsprechende Abschläge in Kauf genommen werden. Die Anzahl der Abschlagsmonate steigt bei einem Rentenzugang mit 63 Jahren parallel zur Regelaltersgrenze an.
- Die Rente für besonders langjährig Versicherte für Personen, die mindestens 45 Jahre lang versicherungspflichtig erwerbstätig waren, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben, gibt es mit 65 Jahren ohne Rentenabschlag. Allerdings können auch Versicherte mit mindestens 45 Beitragsjahren, die noch nicht 65 Jahre alt sind, die vorgezogene Altersrente ohne Abschläge in Anspruch nehmen. Das insoweit jeweils geltende „Mindestalter“, das schrittweise erhöht wird, können Sie der nachfolgenden Tabelle entnehmen.
- Auch bei der Rente für schwerbehinderte Menschen wird die Altersgrenze von heute 63 Jahren schrittweise um zwei Jahre auf 65 Jahre angehoben. Die Altersgrenze für den vorgezogenen Rentenbezug wird dabei von 60 auf 62 Jahre erhöht, während der Rentenabschlag mit 10,8 % gleich bleibt.
Hier sehen Sie für die verschiedenen Geburtsjahrgänge die maßgebenden Altersgrenzen auf einen Blick:
Überblick: Das sind die Altersgrenzen bei Renteneintritt ab 2012 | ||||||||
Geburts- jahrgang | Regel- alters- rente | Altersrente für besonders langjährig Versicherte | Altersrente für langjährig Versicherte | Altersrente für schwerbehinderte Menschen | ||||
abschlags- frei | abschlags- frei | abschlags- frei | vorzeitiger Bezug ab | abschlags- frei | vorzeitiger Bezug ab | |||
Alter Jahr/Monat | Alter Jahr/Monat | Alter Jahr/Monat | Alter Jahr/Monat | Abschlag in % | Alter Jahr/Monat | Alter Jahr/Monat | Abschlag in % | |
1945 1946 1947 1948 01/1949 02/1949 03-12/1949 1950 1951 01/1952 02/1952 03/1952 04/1952 05/1952 06-12/1952 1953 1954 1955 1956 1957 1958 1959 1960 1961 1962 1963 ab 1964 | 65 65 65/1 65/2 65/3 65/3 65/3 65/4 65/5 65/6 65/6 65/6 65/6 65/6 65/6 65/7 65/8 65/9 65/10 65/11 66 66/2 66/4 66/6 66/8 66/10 67 | – – – – 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63/2 63/4 63/6 63/8 63/10 64 64/2 64/4 64/6 64/8 64/10 65 | 65 65 65 65 65/1 65/2 65/3 65/4 65/5 65/6 65/6 65/6 65/6 65/6 65/6 65/7 65/8 65/9 65/10 65/11 66 66/2 66/4 66/6 66/8 66/10 67 | 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63 | 7,2 7,2 7,2 7,2 7,5 7,8 8,1 8,4 8,7 9 9 9 9 9 9 9,3 9,6 9,9 10,2 10,5 10,8 11,4 12 12,6 13,2 13,8 14,4 | 63 63 63 63 63 63 63 63 63 63/1 63/2 63/3 63/4 63/5 63/6 63/7 63/8 63/9 63/10 63/11 64 64/2 64/4 64/6 64/8 64/10 65 | 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60/1 60/2 60/3 60/4 60/5 60/6 60/7 60/8 60/9 60/10 60/11 61 61/2 61/4 61/6 61/8 61/10 62 | 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 10,8 |
Quelle: Bericht der Bundesregierung, BT-Drucksache 17/3814 vom 17.11.2010, Seite 20
*) Rentenversicherungsleistungsverbesserungsgesetz vom 23.6.2014 ab dem 1.7.2014.
Weitere Informationen: Ab 2012 später in Rente: Anhebung der Renten-Altersgrenze auf 67 Jahre.
13. Rentenerhöhungen: Jährliche Rentenanpassungen voll steuerpflichtig
Zum 1. Juli eines Jahres werden die Renten – jedenfalls meistens – angepasst. Auch wenn es sich bei den Rentenanpassungen nur um kleine Beträge handelt, fragen sich viele besorgte Rentner doch, ob davon auch noch Steuern bezahlt werden müssen.
Bis 2004 war die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung lediglich mit dem günstigen Ertragsanteil zu versteuern. Dieser Ertragsanteil war gesetzlich festgelegt und richtete sich nach dem Lebensalter des Berechtigten zu Beginn der Rentenzahlung (bei Rentenbeginn mit 65 Jahren waren es 27 %). Und mit dem Ertragsanteil von 27 % wurde die ganze Rente und folglich auch die Rentenerhöhung besteuert.
ABER seit 2005 sind alle Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem deutlich höheren Besteuerungsanteil steuerpflichtig. Dies ist ein bestimmter Prozentsatz, der für das Jahr des Rentenbeginns gesetzlich festgelegt ist. Beginnend mit 50 % im Jahre 2005 erhöht er sich für jeden neuen Rentnerjahrgang in den Jahren 2006 bis 2020 um jeweils 2 Prozentpunkte und in den Jahren 2021 bis 2040 um jeweils 1 Prozentpunkt. Wer im Jahre 2021 in den Ruhestand tritt, muss 81 % seiner Rente versteuern.
Mit dem Besteuerungsanteil wird die Rente allerdings nur im Jahr des Rentenbeginns und im zweiten Rentenbezugsjahr besteuert. Der Restbetrag im zweiten Jahr ist der persönliche Rentenfreibetrag, der dann zeitlebens festgeschrieben wird und unverändert bleibt. Folglich ist ab dem dritten Jahr die Rente in voller Höhe nach Abzug des persönlichen Rentenfreibetrages und des Werbungskosten-Pauschbetrages von 102 EUR steuerpflichtig.
Diese Regelung bedeutet: Nur im ersten und zweiten Rentenbezugsjahr wird die Rentenerhöhung lediglich mit dem Besteuerungsanteil versteuert. Da der Rentenfreibetrag im zweiten Jahr des Rentenbezugs einmal ermittelt wird und dann zeitlebens unverändert bleibt, werden Rentenerhöhungen ab dem dritten Rentenbezugsjahr stets in vollem Umfang steuerpflichtig. Sie wirken sich also nicht auf den Rentenfreibetrag in der Weise aus, dass auch dieser steigen würde. Die Rentenerhöhungen bleiben folglich nicht anteilig steuerfrei (BFH-Beschluss vom 6.3.2013, X B 113/11).
Weitere Informationen: Gesetzliche Rentenversicherung: Steuerregeln für Beiträge und Renten.
14. Vorgezogene Altersrente: Neue Hinzuverdienstregelung für Frührentner
Während Rentner nach Erreichen der Regelaltersgrenze (65 Jahre plus x Monate) in unbegrenzter Höhe hinzuverdienen dürfen, ist der Hinzuverdienst bei Frührentnern begrenzt. Betroffen sind
- vorgezogene Altersrenten: Rente für langjährig Versicherte ab 63 Jahre (nach 35 Versicherungsjahren), Rente für besonders langjährig Versicherte mit 63 ohne Rentenabschlag (nach 45 Versicherungsjahren), Rente für Schwerbehinderte.
- Erwerbsminderungsrenten.
Nach alter Regelung durften Frührentner, d.h. Arbeitnehmer, die vor Erreichen der Regelaltersgrenze (65 Jahre plus x Monate) in Rente gehen, höchstens 450 EUR im Monat hinzuverdienen. Seit dem 1.7.2017 bleibt die Zuverdienstgrenze zwar bestehen, doch sie wird als Jahresgrenze ausgestaltet und ein höherer Hinzuverdienst stufenlos auf die Rente angerechnet.
- Anrechnungsfrei bleibt ein Jahresverdienst bis zu 6.300 EUR (Hinzuverdienstgrenze). Dies gilt auch dann, wenn der Hinzuverdienst nicht im ganzen Kalenderjahr erzielt wird. Die neue Hinzuverdienstgrenze gilt einheitlich in den alten und neuen Bundesländern.
- Bei höherem Verdienst werden 40 Prozent des übersteigenden Betrages zu einem Zwölftel auf die Rente angerechnet, und es wird eine Teilrente gezahlt (§ 34 SGB VI; § 96a SGB VI, geändert mit dem „Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand – Flexirentengesetz“ vom 8.12.2016).
Vor Erreichen der Regelaltersgrenze gilt also Folgendes:
- Ein Hinzuverdienst bis zu 6.300 EUR (das sind 14 x 450 EUR) im Kalenderjahr neben der Altersrente ist unschädlich und führt nicht zu einer Kürzung der Rente. Dabei ist unerheblich, wann im Kalenderjahr der Hinzuverdienst erzielt wird und wie lange die Beschäftigung ausgeübt wurde.
- Bei höherem Verdienst werden 40 Prozent des übersteigenden Betrages zu einem Zwölftel auf die Rente angerechnet, und es wird eine Teilrente gezahlt.
- Übersteigt die Summe der gekürzten Rente (Teilrente) und 1/12 des Zuverdienstes einen bestimmten, individuell berechneten Hinzuverdienstdeckel, wird der übersteigende Betrag voll auf die Rente angerechnet. Zur Berechnung des Hinzuverdienstdeckels wird die monatliche Bezugsgröße (2021: 3.290 EUR) multipliziert mit den Entgeltpunkten des Jahres in den letzten 15 Jahren, in dem die höchsten Entgeltpunkte erreicht wurden. Untergrenze für den Hinzuverdienstdeckel ist die Summe aus 1/12 von 6.300 EUR und der monatlichen Vollrente.
Beispiel:
Herr Steuerle bezieht eine vorgezogene Altersvollrente in Höhe von 1.200 EUR monatlich, der Hinzuverdienstdeckel liegt bei 3.000 EUR. Er erzielt einen Hinzuverdienst von 18.000 EUR im Jahr.
- Der Hinzuverdienst übersteigt die Hinzuverdienstgrenze (18.000 EUR > 6.300 EUR) um 11.700 EUR. Es kommt daher zur 40-Prozent-Anrechnung.
- Zunächst wird ein Zwölftel des übersteigenden Betrages ermittelt: 1/12 x 11.700 EUR = 975 EUR.
- Dieser Betrag wird zu 40 % (975 EUR x 40 % = 390 EUR) von der Vollrente abgezogen: 1.200 EUR – 390 EUR = 810 EUR.
- Anschließend wird geprüft, ob die Summe aus diesem Rentenbetrag (810 EUR) und einem Zwölftel des jährlichen Hinzuverdienstes (18.000 EUR : 12 = 1.500 EUR) den Hinzuverdienstdeckel überschreitet. Das ist nicht der Fall (810 EUR + 1.500 EUR = 2.310 EUR
Derzeit können Versicherte eine Rente wegen Alters in voller Höhe (Vollrente) oder als Teilrente in Anspruch nehmen. Die Teilrente beträgt ein Drittel, die Hälfte oder zwei Drittel der erreichten Vollrente. Seit dem 1.7.2017 besteht die Möglichkeit, unabhängig vom Hinzuverdienst eine Teilrente in beliebiger Höhe frei zu wählen, allerdings muss sie mindestens 10 Prozent der Vollrente betragen (§ 42 Abs. 2 SGB VI).
Früher galten bei Teilrenten unterschiedliche Hinzuverdienstgrenzen in den alten und in den neuen Bundesländern. Seit dem 1.7.2017 sind diese Grenzen einheitlich in West und Ost (die maßgebliche Vorschrift des § 228a Abs. 2 SGB VI wird aufgehoben).
AKTUELL: Coronabedingte Ausnahme von der 6.300 EUR-Grenze
Wer vor der Regelaltersgrenze eine gesetzliche Rente bezieht und noch einer Beschäftigung nachgeht, darf nicht mehr als 6.300 EUR (das sind 14 x 450 EUR) im Jahr hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird. Dies gilt für langjährig Versicherte ab 63 Jahre (nach 35 Versicherungsjahren), für besonders langjährig Versicherte mit 63 ohne Rentenabschlag (nach 45 Versicherungsjahren), für Schwerbehinderte sowie für Erwerbsminderungsrentner.
Wegen der Corona-Krise wurde im Jahr 2020 für Rentner die Weiterarbeit oder Wiederaufnahme einer Beschäftigung nach Renteneintritt erleichtert: Für Frührentner mit einer vorgezogenen Altersrente wurde die Hinzuverdienstgrenze von 6.300 EUR auf 44.590 EUR angehoben. Der sog. Hinzuverdienstdeckel gemäß § 34 SGB VI ist für das Kalenderjahr 2020 nicht anzuwenden. Einkünfte bis zu dieser Höhe bewirken keine Kürzung der Rente (Änderung des § 34 SGB VI durch § 302 Abs. 8 SGB VI, „Sozialschutzpaket-Gesetz“ vom 27.3.2020).
AKTUELL wurde überraschend und artfremd mit dem „Gesetz zur Verbesserung des Vollzugs im Arbeitsschutz“ die im Jahr 2020 geltende üppige Hinzuverdienstgrenze für Frührentner auf das Jahr 2021 verlängert und dabei sogar von bisher 44.590 EUR auf 46.060 EUR erhöht. Weiterhin findet auch der Hinzuverdienstdeckel gemäß § 34 SGB VI keine Anwendung (§ 302 Abs. 8 SGB VI).
Durch die Corona-Krise besteht ein besonders hoher Bedarf an medizinischem Personal. Aber auch in anderen systemrelevanten Bereichen kann es zu Personalengpässen aufgrund von Erkrankungen oder Quarantäneanordnungen kommen. Deshalb wird die befristete Anhebung der Hinzuverdienstgrenze um ein Jahr bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Da sich die jährliche Hinzuverdienstgrenze für Altersrenten vor Erreichen der Regelaltersgrenze von 44.590 EUR für das Jahr 2020 aus dem 14-fachen der für das Jahr 2020 geltenden Bezugsgröße (14 x 3.185 EUR) ergab, wird für die Verlängerung an dieser Systematik festgehalten. Damit wird einem Durchschnittsverdiener mit zwei jährlichen Sonderzahlungen ein Hinzuverdienst ermöglicht, ohne dass es zu einer Anrechnung des Hinzuverdienstes auf die Rente wegen Alters kommt. Für das Jahr 2021 beträgt die jährliche Hinzuverdienstgrenze damit 46.060 EUR (14 x 3.290 EUR).
15. Vorgezogene Altersrente: Rentenversicherungspflicht bei Weiterarbeit
Für Frührentner, die vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine Vollrente beziehen und noch weiter arbeiten, bestand nach früherer Rechtslage Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung. Seit dem 1.1.2017 bleiben Frührentner mit einer Vollrente, die weiter arbeiten, aber versicherungspflichtig in der Rentenversicherung (§ 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI). Dadurch wirkt sich sowohl ihr eigener Beitragsanteil als auch der bisher wirkungslos gebliebene Arbeitgeberanteil rentensteigernd aus. Die Versicherungsfreiheit tritt erst ein, wenn eine Vollrente wegen Alters „ab Erreichen der Regelaltersgrenze“ bezogen wird („Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand – Flexirentengesetz“ vom 8.12.2016).
STEUERRAT: Beschäftigte bleiben also über den Beginn einer vorzeitigen Altersvollrente bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze rentenversicherungspflichtig. Aus den geleisteten Pflichtbeiträgen werden zusätzliche Rentenanwartschaften erworben, die den bestehenden Altersrentenanspruch ab dem Folgemonat des Erreichens der Regelaltersgrenze erhöhen. Auch Minijobber erwerben durch die Pauschalbeiträge des Arbeitgebers zusätzliche Rentenansprüche.
Bestandsschutz
Personen, die zum 1.1.2017 bereits eine vorzeitige Altersrente als Vollrente bezogen haben und bisher in einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit rentenversicherungsfrei sind, bleiben dies auch weiterhin in dieser Beschäftigung. Allerdings haben sie die Möglichkeit, für die Rentenversicherungspflicht zu optieren, wie dies auch versicherungsfreie Vollrentner nach Erreichen der Regelaltersgrenze tun können. Den Verzicht auf die Rentenversicherungsfreiheit können sie durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber kundtun. Der Verzicht ist für die Dauer der Beschäftigung bindend (§ 230 Abs. 9 SGB VI).
Der Bestandsschutz gilt in gleicher Weise auch für selbstständige Künstler und Publizisten, die in der Künstlersozialversicherung versichert sind und eine vorzeitige Altersvollrente beziehen. Diese sollen in ihrer bei Inkrafttreten des Flexigesetzes ausgeübten selbstständigen Tätigkeit versicherungsfrei bleiben können. Sie sollen jedoch auch die Möglichkeit erhalten, für die Versicherungspflicht zu optieren, wie auch künftig versicherungsfreie Vollrentner nach Erreichen der Regelaltersgrenze (§ 52 Künstlersozialgesetz).
16. Regelaltersrente: Verbesserungen bei weiterer Berufstätigkeit
Auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze ist eine Weiterarbeit erlaubt. Und dann spielt die Höhe des Hinzuverdienstes überhaupt keine Rolle mehr. Falls Sie mit Erreichen der Regelaltersgrenze Ihre reguläre Vollrente beziehen und trotzdem weiter arbeiten, müssen Sie grundsätzlich keine Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung zahlen. Weiterbeschäftigte Rentner sind hier versicherungsfrei und erwerben auch keine Ansprüche mehr. Dennoch muss der Arbeitgeber aus Wettbewerbsgründen seinen hälftigen Arbeitgeberanteil zur Renten- und Arbeitslosenversicherung entrichten (§ 172 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI; § 346 Abs. 3 SGB III).
Seit dem 1.1.2017 gibt es für Altersrentner, die eine Vollrente beziehen und über das reguläre Rentenalter hinaus weiter arbeiten, aber zwei wichtige Verbesserungen („Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand – Flexirentengesetz“ vom 8.12.2016): · In der Rentenversicherung kann der Rentner auf die Versicherungsfreiheit verzichten und somit versicherungspflichtig werden. Dadurch wirkt sich sowohl der eigene Beitragsanteil als auch der bisher wirkungslos gebliebene Arbeitgeberanteil rentensteigernd aus. Der Verzicht erfolgt durch eine Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber und ist für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses wirksam (§ 5 Abs. 4 Satz 2 SGB VI). · In der Arbeitslosenversicherung muss der Arbeitgeber seinen Beitragsanteil für eine begrenzte Zeit bis zum 31.12.2021 nicht zahlen (§ 346 Abs. 3 Satz 3 SGB III). |
Diese Möglichkeit gilt auch für selbstständige Künstler und Publizisten, die in der Künstlersozialversicherung versichert sind und den Verzicht gegenüber der Künstlersozialkasse erklären (§ 4 Nr. 5 Künstlersozialgesetz).
Die in einem Kalenderjahr aus diesen Pflichtbeiträgen erworbenen zusätzlichen Rentenanwartschaften erhöhen zum 1. Juli des Folgejahres die Altersrente.
STEUERRAT: Falls Sie nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiter arbeiten und die Altersrente erst später in Anspruch nehmen, erhalten Sie für jeden Monat Rentenaufschub einen Rentenzuschlag von 0,5 % des Rentenanspruchs (6 % pro Jahr) – und das lebenslang und auch für die Hinterbliebenen. Hinzu kommt eine Rentensteigerung, weil während der längeren Erwerbszeit Rentenversicherungsbeiträge gezahlt werden und Sie so weitere Entgeltpunkte erwerben. Allerdings sind auch steuerliche Aspekte zu beachten: Bei späterem Renteneintritt erhöht sich der Besteuerungsanteil für die Rente bzw. verringert sich der persönliche Rentenfreibetrag.
17. Betriebliche Riester-Rente: Keine Krankenversicherungsbeiträge mehr
Wie Sie wissen, gibt es Riester-Verträge in zwei Varianten:
- Sie schließen privat einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag ab und können dafür die Riester-Förderung beanspruchen, z. B. Rentenversicherung, Banksparplan, Investment-Sparplan, Bauspar- oder Darlehensvertrag (Wohn-Riester).
- Sie zahlen im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge über den Arbeitgeber Eigenbeiträge aus versteuertem Nettoeinkommen in eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds ein, verzichten auf die vorgesehene Steuerfreistellung der Beiträge (§ 3 Nr. 63 Satz 2 EStG) und nehmen stattdessen die Riester-Förderung in Form der Altersvorsorgezulage und ggf. eines ergänzenden Sonderausgabenabzugs in Anspruch (§ 1a Abs. 3 Betriebsrentengesetz). Das sind die sog. betrieblichen Riester-Renten.
Die letztgenannten betrieblichen Riester-Renten werden also in der Ansparphase aus dem Nettoeinkommen finanziert, für das bereits Sozialversicherungsbeiträge gezahlt wurden. Gleichwohl mussten für die Renten in der Auszahlungsphase bis 2017 erneut Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt werden – sowohl von pflichtversicherten als auch von freiwillig versicherten Rentnern. Zu zahlen sind die Beiträge mit dem vollen allgemeinen Beitragssatz (§ 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V). Demgegenüber musste und müssen für private Riester-Renten keine Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt werden – zumindest nicht von pflichtversicherten Rentnern.
Seit 2018 ist die sog. Dopppelverbeitragung abgeschafft: Nun werden betriebliche Riester-Renten – genau wie private Riester-Renten – nicht mehr als Versorgungsbezüge gewertet, sodass dafür in der Auszahlungsphase keine Beiträge mehr zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen sind (§ 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V).
Weitere Informationen: Betriebliche Altersvorsorge: Was Sie als Arbeitnehmer wissen sollten.
18. Betriebsrente: Verbesserter BAV-Förderbetrag für Geringverdiener
Zum 1. Januar 2018 wurde ein neues Fördermodell zur betrieblichen Altersversorgung mittels BAV-Förderbetrag eingeführt (§ 100 EStG, eingefügt durch das „Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze – Betriebsrentenstärkungsgesetz“ vom 17.8.2017).
Der BAV-Förderbetrag ist ein staatlicher Zuschuss, den der Arbeitgeber erhält, wenn er Arbeitnehmern mit geringem Einkommen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn eine betriebliche Altersversorgung finanziert. Der Förderbetrag erhöht also nicht die Versorgung des Arbeitnehmers.
HINWEIS: Amtliche Erläuterungen zur neuen Förderung enthält der „BMF-Erlass zur steuerlichen Förderung der betrieblichen Altersversorgung“ vom 6.12.2017 (IV C 5-S 2333/17/10002, BStBl. 2018 I S. 147, Tz. 100-144).
Das ist die neue Förderung (§ 100 EStG)
|
HINWEIS: Wenn also der Arbeitgeber für den Mitarbeiter 960 EUR für die betriebliche Altersvorsorge einzahlt, bekommt er vom Staat einen Zuschuss von 288 EUR (30 % von 960 EUR). Diesen Zuschuss erhält er, indem er die abzuführende Lohnsteuer für den Mitarbeiter um diesen Betrag kürzt. Neben dieser Förderung ist der verbleibende Restbetrag als Betriebsausgaben absetzbar.
Das sind die Einzelheiten im Überblick:
- Voraussetzung für den BAV-Förderbetrag ist, dass der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn einen Beitrag zur Altersvorsorge zahlt. Beiträge, die aus einer Entgeltumwandlung stammen, sind nicht begünstigt.
- Erforderlich ist die Einzahlung des Arbeitgeberbeitrages in eine kapitalgedeckte Pensionskasse, einen Pensionsfonds oder eine Direktversicherung. Die zusätzlichen Beiträge können tarifvertraglich, durch eine Betriebsvereinbarung oder auch einzelvertraglich festgelegt sein. Zuwendungen an umlagefinanzierte Pensionskassen sind von der staatlichen Begünstigung ausgeschlossen.
- Erforderlich ist die Einzahlung eines Mindestbeitrages von 240 EUR. Stellt sich später unerwartet heraus, dass der jährliche Mindestbetrag nicht erreicht wurde (z.B. weil der Arbeitgeber einen Monatsbetrag leistet, der Arbeitnehmer aber unerwartet aus dem Unternehmen ausgeschieden ist), ist der BAV-Förderbetrag nicht rückgängig zu machen.
- Der BAV-Förderbetrag hat keine Auswirkungen auf die Riester-Förderung, d.h. Riester-Zulagen werden nicht gemindert oder auf den BAV-Förderbetrag angerechnet.
- Der zusätzlich gezahlte Arbeitgeberbeitrag ist bis zum förderfähigen Höchstbetrag von 960 EUR steuer- und sozialversicherungsfrei. Ein darüber hinausgehender Beitrag kann nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei sein, wenn das entsprechende Volumen des § 3 Nr. 63 EStG noch nicht durch andere Beiträge ausgeschöpft wurde. Das Volumen des § 3 Nr. 63 EStG wird durch den steuerfreien förderfähigen Höchstbetrag von maximal 960 EUR nicht verbraucht (das Volumen beträgt 8 % der Beitragsbemessungsgrenze, in 2021: 6.816 EUR).
- Der BAV-Förderbetrag beträgt im Kalenderjahr 30 Prozent des zusätzlichen Arbeitgeberbeitrags, höchstens 288 EUR.
- Erforderlich ist, dass die Auszahlung der Versorgungsleistungen in Form einer Rente oder eines Auszahlungsplans vorgesehen sein muss. Entsprechendes gilt bereits heute für die Steuerfreiheit der Beiträge (§ 3 Nr. 63 und 56 EStG) und die Riester-geförderte betriebliche Altersversorgung (§ 82 Abs. 2 Satz 1 EStG). Allein die Möglichkeit, anstelle lebenslanger Altersversorgungsleistungen eine Kapitalauszahlung zu wählen, steht dem BAV-Förderbeitrag jedoch noch nicht entgegen (analog zum Kapitalwahlrecht bei § 3 Nr. 63 EStG). Wird das Wahlrecht jedoch zugunsten einer Kapitalauszahlung ausgeübt, unterliegt diese der vollen Besteuerung nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG.
- Der BAV-Förderbetrag setzt ein erstes Dienstverhältnis voraus (Steuerklassen I bis V oder die Bestimmung durch den Arbeitnehmer bei pauschal besteuertem Arbeitslohn). Hierzu zählt auch ein weiterbestehendes Dienstverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitslohn (z.B. während der Elternzeit, der Pflegezeit, des Bezugs von Krankengeld). Bei einem Arbeitgeberwechsel im Laufe des Jahres kann jeder Arbeitgeber den BAV-Förderbetrag jeweils bis zum Höchstbetrag ausschöpfen. Auch ein pauschal besteuertes geringfügiges Beschäftigungsverhältnis kann als erstes Dienstverhältnis anzusehen sein, wenn der Arbeitnehmer dies so bestimmt. Der Arbeitnehmerbegriff wird nach Lohnsteuerrecht definiert, so dass auch der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer in den Anwendungsbereich der Förderung fallen kann.
- Der Arbeitgeber muss die Voraussetzungen für den BAV-Förderbetrag im Lohnkonto aufzuzeichnen. Der Arbeitgeber hat der Versorgungseinrichtung die steuerfreien Beiträge mitzuteilen. Über die Rentenzugsmitteilung nach § 22a EStG ist die nachgelagerte Besteuerung sichergestellt.
Weitere Informationen: Betriebliche Altersvorsorge: BAV-Förderung für Geringverdiener ab 2018
19. Erwerbsminderungsrente: Verlängerung der Zurechnungszeit
Wer wegen einer chronischen Krankheit oder eines Unfalls nicht mehr oder nur noch eingeschränkt arbeiten kann, bekommt von der gesetzlichen Rentenversicherung unter bestimmten Voraussetzungen eine Erwerbsminderungsrente. Dabei wird die Rente so berechnet, als wäre der oder die Betroffene bis zum 60. Lebensjahr (bei Rentenbeginn bis 30.6.2014) mit dem bisherigen durchschnittlichen Einkommen erwerbstätig gewesen (sog. Zurechnungszeit gemäß § 59 SGB VI).
- Zum 1.7.2014 wurde die Zurechnungszeit vom 60. auf das 62. Lebensjahr verlängert. Wenn die Erwerbsminderung z.B. mit 40 Jahren eintrat, wurde die Rente so berechnet, als habe der/die Betroffene bis zum 62. Lebensjahr gearbeitet. Begünstigt sind/waren Personen, die ab dem 1.7.2014 im Alter von unter 62 Jahren erstmals eine Erwerbsminderungsrente bezogen haben.
- Zum 1.1.2018 wurde die Zurechnungszeit bei der Erwerbsminderungsrente bei neuen Rentenbewilligungen zwar zunächst geändert durch das „EM-Leistungsverbesserungsgesetz“ vom 17.7.2017.
- Doch zum 1.1.2019 ist dann eine umfassende Neuregelung in Kraft getreten, das heißt: Seit dem 1.1.2019 wird die Zurechnungszeit bei Erwerbsminderungsrenten für neue Rentenzugänge früher und in größerem Ausmaß verlängert:
- Bei Rentenbeginn im Jahre 2018 endet die Zurechnungszeit gemäß bisheriger Gesetzeslage mit Vollendung des 62. Lebensjahres und 3 Monaten.
- Bei Rentenbeginn im Jahre 2019 erfolgt eine Verlängerung der Zurechnungszeit in einem Schritt auf das vollendete 65. Lebensjahr und 8 Monate.
- Bei Rentenbeginn in den Jahren 2020 bis 2031 wird die Zurechnungszeit – genau wie das Renteneintrittsalter – schrittweise auf das vollendete 67. Lebensjahr verlängert. Die schrittweise Verlängerung beginnt im Jahr 2020 mit einer Anhebung um einen Monat. Die Stufen der Anhebung betragen anschließend bis zum Jahr 2027 ebenfalls einen Monat je Kalenderjahr. Ab dem Jahr 2028 wird die Zurechnungszeit jeweils um zwei Monate je Kalenderjahr angehoben.
- Bei Rentenbeginn ab dem Jahre 2031 endet die Zurechnung mit Vollendung des 67. Lebensjahres.
So erfolgt die Anhebung der Zurechnungszeit (§ 253a SGB VI) | |||
Bei Beginn der Rente | Anhebung um … Monate | auf Alter | |
Jahr | Monate | ||
2018 | 3 | 62 | 3 |
2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 | — 1 2 3 4 5 6 7 8 10 12 14 | 65 65 65 65 66 66 66 66 66 66 66 66 | 8 9 10 11 0 1 2 3 4 6 8 10 |
Erwerbsgeminderte werden damit ab dem Jahr 2031 so gestellt, als ob sie – entsprechend der Bewertung ihrer Zurechnungszeit – bis zur Regelaltersgrenze gearbeitet hätten. Die Zurechnungszeit endet mit der Vollendung des 67. Lebensjahres. Entsprechendes gilt für die Renten wegen Todes. Die Verlängerung wird auch auf die Alterssicherung der Landwirte übertragen.
Die Zurechnungszeit endet spätestens mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze. Hat der verstorbene Versicherte im Zeitpunkt des Todes Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, ist bei einer nachfolgenden Hinterbliebenenrente eine Zurechnungszeit nur insoweit zu berücksichtigen, wie sie in der vorangegangenen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit angerechnet wurde.
ACHTUNG: Die Leistungsverbesserungen begünstigen nur neue Erwerbsminderungsrenten, die ab dem 1.1.2019 bewilligt werden. Sie gelten nicht für Personen, die am 1.1.2019 bereits eine Erwerbsminderungsrente beziehen. Bestehende Renten werden nicht neu berechnet.
Rentenabschlag: Da die Erwerbsminderungsrente vor der Regelaltersgrenze in Anspruch genommen wird, muss der Versicherte einen Rentenabschlag von 0,3 % pro Monat, höchstens 10,8 %, hinnehmen. Berechnet wird die Zeit, für die eine Rente vor dem 65. Lebensjahr beansprucht wird, längstens bis zum 62. Lebensjahr, also maximal drei Jahre (§ 77 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI). Das Unangenehme daran: Die Kürzung gilt lebenslang auch bei der Altersrente ab Erreichen der Regelaltersgrenze.
20. Gesetzliche Rente: Angleichung der Rentenwerte Ost und West
Nach derzeitiger Rechtslage sind die Rentenwerte der gesetzlichen Rentenversicherung in den alten und neuen Bundesländern unterschiedlich: Seit dem 1.7.2019 beträgt der aktuelle Rentenwert 33,05 EUR (West) und 31,89 EUR (Ost). Beim Rentenwert handelt es sich um den Betrag, den ein Versicherter nach einem Jahr Durchschnittsverdienst als monatliche Altersrente erhält. Er wird von der Bundesregierung jährlich zum 1. Juli festgelegt. Der Rentenwert wird nach einer äußerst komplizierten Formel berechnet, die im § 68 Abs. 4 SGB VI festgeschrieben ist.
Der aktuelle Rentenwert (Ost) ist seit dem 1.7.1991 von 10,79 EUR auf 29,69 EUR am 1.7.2017 gestiegen und hat sich somit fast verdreifacht. Der für die alten Bundesländer maßgebende aktuelle Rentenwert hat sich in demselben Zeitraum von 21,19 EUR auf 31,03 EUR nur um 46 Prozent erhöht. Der aktuelle Rentenwert (Ost) hat sich damit seit der Rentenüberleitung 1991 von rund 51 Prozent zum 1.7.2017 auf 95,6 Prozent des Westwerts erhöht.
AKTUELL: Vom 1.7.2018 bis zum 1.7.2024 wird der aktuelle Rentenwert Ost schrittweise an den Rentenwert West angeglichen – und zwar jährlich um 0,7 Prozentpunkte (§ 255a SGB VI). Die Angleichung der Renten erfolgt in sieben Schritten. So betrug der aktuelle Rentenwert (Ost) zum 1. Juli 2018 95,8 Prozent des Rentenwerts West, zum 1. Juli 2024 sind es dann 100 Prozent des Rentenwerts West (Rechtsgrundlage ist das „Gesetz über den Abschluss der Rentenüberleitung“ vom 17.7.2017).
Die Rentenangleichung erfolgt grundsätzlich unabhängig von der Lohnentwicklung. Doch die Lohnentwicklung in den neuen Ländern ist dann maßgeblich, wenn die Anpassung des aktuellen Rentenwerts (Ost) dadurch höher ausfällt als nach den oben genannten Angleichungsschritten (§ 255a Abs. 2 SGB VI). Das bedeutet: Steigen die Durchschnittslöhne in den neuen Ländern schneller, sodass die Rentenwerte Ost ebenfalls schneller steigen als in den sieben Schritten vorgesehen, wird die Rente nach dem bisher üblichen Modus angepasst. Oder anders: Ergibt die Berechnung nach der Rentenformel für die neuen Länder einen höheren Wert als in den sieben Schritten vorgesehen, wird eine Rente nach dem höheren Wert gezahlt.
Ab dem 1. Juli 2024 wird in ganz Deutschland ein einheitlicher gesamtdeutscher aktueller Rentenwert gelten. Ab dem Jahr 2025 werden einheitliche gesamtdeutsche Rechengrößen (Durchschnittsentgelt, Bezugsgröße und Beitragsbemessungsgrenze) gelten. Auch die Werte in der gesetzlichen Unfallversicherung und der Alterssicherung der Landwirte sollen vereinheitlicht werden. Die Rentenanpassung wird ab 2024 und die Fortschreibung der Bezugsgröße und Beitragsbemessungsgrenze werden vom Jahr 2025 an auf der Grundlage der gesamtdeutschen Lohnentwicklung erfolgen.
21. Hinzuverdienst: Übergangsregelung für Ehrenämter
Bei vorzeitigen Altersrenten und Erwerbsminderungsrenten vor der Regelaltersgrenze (65 Jahre plus x Monate) darf der Hinzuverdienst nicht mehr als 6.300 EUR im Kalenderjahr betragen, wobei es in den Coronjahren 2020 und 2021 Besonderheiten gibt.
Erfasst werden auch Aufwandsentschädigungen für Ehrenämter. Sofern dadurch die Hinzuverdienstgrenze überschritten wird, führt dies zur Minderung oder sogar zum Verlust der Rente. Damit die Bereitschaft von Frührentnern zur Übernahme eines Ehrenamtes nicht leidet, bleiben bestimmte Aufwandsentschädigungen als Hinzuverdienst außer Betracht. Die Ausnahmeregelung gilt bezüglich der Aufwandsentschädigungen für
- kommunale Ehrenbeamte, z.B. ehrenamtliche Bürgermeister und Ortsvorsteher,
- ehrenamtlich Tätige in kommunalen Vertretungskörperschaften, z.B. Mitglieder im Gemeinderat, Kreistag,
- Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane, Versichertenälteste und Vertrauenspersonen der Sozialversicherungsträger (§ 41 SGB IV).
Vor dem 21.8.2010 haben solche Aufwandsentschädigungen nur in der Höhe als Hinzuverdienst gegolten, in der sie einen konkreten Verdienstausfall ersetzten. Seitdem werden sie grundsätzlich als Hinzuverdienst beurteilt, bleiben aber ausnahmsweise noch bis zum 30.9.2017 außer Betracht, soweit kein konkreter Verdienstausfall ersetzt wird. Dies gilt sowohl für Bestandsrentner als auch für neue Rentner mit vorzeitiger Altersrente oder Erwerbsminderungsrente.
Die Übergangsregelung für die Anrechnungsfreiheit von Aufwandsentschädigungen für Ehrenämter wurde über den 30.9.2017 hinaus verlängert bis zum 30.9.2020 (§ 302 Abs. 7 SGB VI und § 313 Abs. 8 SGB VI). Rechtsgrundlage ist das „Gesetz zur Verbesserung der Leistungen bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und zur Änderung anderer Gesetze“ (EM-Leistungsverbesserungsgesetz) vom 17.7.2017. Bislang ist nicht ersichtlich, dass die Übergangsregelung erneut verlängert worden wäre. Allerdings: Wegen der Corona-Krise wurde die Hinzuverdienstgrenze im Jahr 2020 ohnehin von 6.300 EUR auf 44.590 EUR angehoben. Der sog. Hinzuverdienstdeckel gemäß § 34 SGB VI ist für das Kalenderjahr 2020 nicht anzuwenden. Einkünfte bis zu dieser Höhe bewirken keine Kürzung der Rente (Änderung des § 34 SGB VI durch § 302 Abs. 8 SGB VI, „Sozialschutzpaket-Gesetz“ vom 27.3.2020). Und anschließend wurde mit dem „Gesetz zur Verbesserung des Vollzugs im Arbeitsschutz“ die im Jahr 2020 geltende üppige Hinzuverdienstgrenze für Frührentner auf das Jahr 2021 verlängert und dabei sogar von bisher 44.590 EUR auf 46.060 EUR erhöht. Weiterhin findet auch der Hinzuverdienstdeckel gemäß § 34 SGB VI keine Anwendung (§ 302 Abs. 8 SGB VI).
22. Steuertipp: Vervielfältigungsregelung für Abfindungen
Bei der vorzeitigen Beendigung von Arbeitsverhältnissen werden oft Abfindungen gezahlt. Diese sind natürlich zu versteuern. Als unmittelbare Vergünstigung kommt hier allenfalls die „Fünftel-Regelung“ des § 34 Abs. 1 EStG in Betracht, die den Steuersatz etwas ermäßigen soll. Dadurch wird aber in der Praxis zumeist nur eine geringe Entlastung erreicht – insbesondere, wenn die Abfindung in einem Jahr zufließt, in dem hohe laufende Einkünfte vorliegen. Es gibt aber eine interessante Möglichkeit, um die Steuerbelastung zu mindern. Abfindungen und auch Wertguthaben aus Arbeitszeitkonten können steuerfrei für den Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung genutzt werden, und zwar im Rahmen der so genannten Vervielfältigungsregelung des § 3 Nr. 63 EStG.
Steuerfrei bleiben Beiträge des Arbeitgebers
nicht übersteigen. |
Hinweis: Abfindungen, die für den Verlust des Arbeitsplatzes im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 21.02.1990 (12 RK 20/88) geleistet werden, gehören nicht zum Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung.
23. Steuertipp: Vorauszahlung von Beiträgen zur Krankenversicherung
Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung sind in tatsächlicher Höhe und unbegrenzt als Sonderausgaben absetzbar. Sie sind grundsätzlich in dem Jahr als Sonderausgaben absetzbar, in dem sie gezahlt werden. Dies gilt grundsätzlich auch für Beiträge, die im Voraus für kommende Jahre gezahlt werden:
Beiträge zu einer Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung dürfen bis zum dreifachen des laufenden Jahresbeitrages im Voraus für kommende Jahre gezahlt und dennoch in voller Höhe im Zahlungsjahr als Sonderausgaben abgesetzt werden. Beiträge, die darüber hinausgehen, sind (erst) in dem Jahr absetzbar, für das sie geleistet wurden (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 4 EStG). Die Einschränkung auf das Dreifache gilt einheitlich für sämtliche Beiträge zu einer Basisabsicherung – einschließlich der Beitragsanteile, die „der unbefristeten Beitragsminderung nach Vollendung des 62. Lebensjahrs dienen“.
STEUERRAT: Der Vorteil der Vorauszahlung liegt darin, dass Sie zum einen im Zahlungsjahr eine außerordentlich hohe Steuerersparnis erzielen können und zum anderen in den kommenden Jahren Beiträge zu „anderen Versicherungen“ bis zum Höchstbetrag von 1.900 EUR bzw. 2.800 EUR absetzen können, die ansonsten unter den Tisch fallen würden.
Die vorteilhafte Regelung gilt sowohl für die private als auch für die gesetzliche Krankenversicherung, wobei allerdings fraglich ist, ob die gesetzliche Krankenversicherung Vorauszahlungen überhaupt annimmt. Insoweit könnte es also an der Praxis scheitern.
Nicht begünstigt sind Vorauszahlungen für Wahl- oder Höherleistungen.
Das Vorauszahlungsmodell ist also überlegenswert für Privatversicherte, die in einem Jahr ein besonders hohes Einkommen haben, z.B. wegen einer Tantieme oder Abfindung bzw. weil hoher laufender Arbeitslohn mit einer (hohen) Rente zusammentrifft. Durch die Vorauszahlung kann der persönliche Steuersatz deutlich gemindert werden.
Weitere Informationen: Vorsorge: Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung
24. Steuertipp: Investitionsabzugsbetrag
Arbeitnehmer, die vorzeitig aus dem Unternehmen ausscheiden und dafür eine Abfindung erhalten, müssen diese versteuern. Als unmittelbare Vergünstigung kommt hier allenfalls die „Fünftel-Regelung“ des § 34 Abs. 1 EStG in Betracht. Dadurch wird aber zumeist nur eine geringe Entlastung erreicht – insbesondere, wenn die Abfindung in einem Jahr zufließt, in dem hohe laufende Einkünfte vorliegen. Daher sollte nach einer Gestaltung gesucht werden, die dem Anliegen der Steuerzahler gerecht wird. Oben wurde bereits auf die Möglichkeit der Einzahlung in eine Direktversicherung etc. berichtet. In einigen Fällen kann aber auch Bildung eines Investitionsabzugsbetrags die Rettung sein.
Beispiel:
Schulze ist 63 Jahre alt und verheiratet. Sein Arbeitgeber schlägt ihm vor, er möge gegen eine Abfindung von 120.000 EUR vorzeitig aus dem Unternehmen ausscheiden. Schulze hofft, in den Genuss einer vorgezogenen Rente zu kommen. Die Aufnahme einer weiteren Tätigkeit ist nicht geplant. Die Abfindung soll noch im Oktober des laufenden Jahres ausgezahlt werden; eine spätere Fälligkeit ist nicht gewünscht. Folglich fällt die Abfindung mit dem laufenden Bruttoarbeitslohn zusammen, der 100.000 EUR beträgt. Schulze möchte wissen, wie die Abfindung möglichst gering besteuert werden kann. Die Ehefrau ist nicht berufstätig, verfügt aber über eigenes Vermögen. Schulze ist seit fünf Jahren an einer Windkraftanlage beteiligt. Zudem gehört ihm eine Fotovoltaikanlage.
Sinnvoll könnte hier folgende Lösung sein: Schulze veräußert seine Beteiligung an der Windkraftanlage und die Fotovoltaikanlage an seine Ehefrau. Der Kaufvertrag wird im Jahr der Abfindungszahlung geschlossen; der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums erfolgt allerdings erst im Folgejahr. Die Ehefrau macht bereits jetzt einen so genannten Investitionsabzugsbetrag geltend. Dieser mindert das zu versteuernde Einkommen und damit auch den Steuersatz im Jahr der Abfindungszahlung entscheidend. Der Veräußerungserlös wird erst im nächsten Jahr versteuert, wenn Schulze schon sein Rentnerdasein genießt. Dadurch ergeben sich enorme Progressionsvorteile.
Einzelheiten zu diesem Modell finden Sie in dem Beitrag: Steuern auf Abfindungen mittels Windkraft senken
25. Rentenfalle "Fotovoltaikanlage"
Wer vor der Regelaltersgrenze (65 Jahre plus x Monate) eine gesetzliche Rente bezieht (vorzeitige Altersrente oder Erwerbsminderungsrente) und noch einer Beschäftigung nachgeht, muss eine Hinzuverdienstgrenze einhalten, damit die Rente nicht gekürzt wird. Dass diese Grenze auch Einnahmen aus dem Betrieb einer Fotovoltaikanlage betfeffen kann, wird oft nicht beachtet.
Das Sozialgericht Mainz hat bei einem Frührentner Einnahmen aus dem Betrieb einer Fotovoltaikanlage auf die vorgezogene Altersrente angerechnet. Bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze kann dies dazu führen, dass bereits ausgezahlte Rentenleistungen zurückerstattet werden müssen (SG Mainz vom 27.11.2015, S 15 R 389/13).
- Der Fall: Ein Frührentner hatte zusätzlich Einnahmen aus einem Minijob (damals 400-EUR-Job) und Einnahmen aus dem Betrieb einer Solaranlage in Höhe von 253 EUR im Jahr. Die Rentenversicherung hob den Rentenbescheid teilweise auf und forderte 2.411 EUR zurück, denn die zulässige Hinzuverdienstgrenze von damals 400 EUR sei überschritten. Der Rentner habe daher nur noch Anspruch auf eine Rente in Höhe von 2/3 der Vollrente.
- Nach Auffassung des Sozialgerichts sind die Einnahmen (sprich: Einkünfte, Gewinn) aus dem Betrieb einer Solaranlage Arbeitseinkommen im Sinne des Rentenrechts. Ausreichend sei hierfür, dass der Rentner eine unternehmerische Stellung innehabe, welche ihm die Einkünfte vermittle. Dabei sei für die Höhe des Arbeitseinkommens der Einkommensteuerbescheid maßgeblich. Das Gesetz sehe eine volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Rentenversicherungsrecht sowohl bei der Zuordnung von Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens vor, sodass die Rentenversicherung die Zahlen des Finanzamtes übernehmen könne. Etwaige Fehler der Finanzverwaltung seien nicht durch die Rentenversicherung zu korrigieren.
26. AKTUELL: Steuerbescheide ergehen vorläufig (Stand: 30.8.2021)
Ende Mai 2021 hat der Bundesfinanzhof seine beiden Urteile zur möglichen Doppelbesteuerung von Renten veröffentlicht. Die Klagen der betroffenen Rentner blieben allerdings erfolgslos. Der BFH hält eine Doppelbesteuerung nur in wenigen Einzelfällen für möglich. Die grundsätzliche Systematik der Rentenbesteuerung hält er für rechtens, also den begrenzten Abzug der Altersvorsorgeaufwendungen im Erwerbsleben, verbunden mit der nur teilweisen Steuerbefreiung der Renten in der Auszahlungsphase. Eine doppelte Besteuerung zeichne sich erst für spätere Rentnerjahrgänge ab (BFH-Urteile vom 19.5.2021, X R 33/19 und X R 20/21). Die unterlegenen Kläger haben nun aber gegen die beiden Entscheidungen des BFH Verfassungsbeschwerde eingelegt (Az. 2 BvR 1143/21 und 2 BvR 1140/21). Und die Finanzverwaltung hat sich endlich dazu durchringen können, betroffene Steuerbescheide hinsichtlich des streitigen Punktes vorläufig ergehen zu lassen. Was bedeutet das für betroffene Rentner?
Die unterlegenen Kläger haben nun gegen die beiden Entscheidungen des BFH Verfassungsbeschwerde eingelegt (Az. 2 BvR 1143/21 und 2 BvR 1140/21). Und die Finanzverwaltung hat sich endlich dazu durchringen können, betroffene Steuerbescheide hinsichtlich des streitigen Punktes vorläufig ergehen zu lassen. Was bedeutet das für betroffene Rentner?
Vorweg: Es geht bei den Verfassungsbeschwerden nach wie vor um die Frage, wie eine Doppelbesteuerung konkret berechnet wird. Der BFH hat eine sehr schematische Sichtweise eingenommen, die nur im Einzelfall zu einer zu hohen Besteuerung von Renten führt. So gelte für die Berechnung einer möglichen Doppelbesteuerung das Nominalwertprinzip. Es seien – etwas vereinfacht gesprochen – die tatsächlich eingezahlten und begünstigen Vorsorgeaufwendungen – mit den später tatsächlich gezahlten und teilweise befreiten Rentenbeträgen zu vergleichen. Weder seien Beträge auf- oder abzinsen noch sei eine Inflation zu berücksichtigen.
Von einigen Experten, aber auch von den Klägern im Verfahren X R 33/19, wurde hingegen die Auffassung vertreten, in der Erwerbsphase werden keine Rentenbeträge in Geld, sondern reine Entgeltpunkte erworben. Die tatsächliche Höhe der Rente kristallisiere sich erst viel später heraus. Doch der BFH hat sich nicht in die „Niederungen“ der Finanz- und Versicherungsmathematik begeben, sondern vergleicht eingezahlte mit ausgezahlten Geldbeträgen. Ob das richtig ist oder ob es eine für Steuerzahler günstigere Rechnung gibt, sollen die Verfassungshüter in Karlsruhe klären.
Vorweg: Es geht bei den Verfassungsbeschwerden nach wie vor um die Frage, wie eine Doppelbesteuerung konkret berechnet wird. Der BFH hat eine sehr schematische Sichtweise eingenommen, die nur im Einzelfall zu einer zu hohen Besteuerung von Renten führt. So gelte für die Berechnung einer möglichen Doppelbesteuerung das Nominalwertprinzip. Es seien – etwas vereinfacht gesprochen – die tatsächlich eingezahlten und begünstigen Vorsorgeaufwendungen – mit den später tatsächlich gezahlten und teilweise befreiten Rentenbeträgen zu vergleichen. Weder seien Beträge auf- oder abzinsen noch sei eine Inflation zu berücksichtigen.
Von einigen Experten, aber auch von den Klägern im Verfahren X R 33/19, wurde hingegen die Auffassung vertreten, in der Erwerbsphase werden keine Rentenbeträge in Geld, sondern reine Entgeltpunkte erworben. Die tatsächliche Höhe der Rente kristallisiere sich erst viel später heraus. Doch der BFH hat sich nicht in die „Niederungen“ der Finanz- und Versicherungsmathematik begeben, sondern vergleicht eingezahlte mit ausgezahlten Geldbeträgen. Ob das richtig ist oder ob es eine für Steuerzahler günstigere Rechnung gibt, sollen die Verfassungshüter in Karlsruhe klären.
AKTUELL haben sich Bund und Länder endlich dazu durchringen können, betroffene Steuerbescheide hinsichtlich des streitigen Punktes vorläufig ergehen zu lassen. Konkret: Steuerfestsetzungen ergehen vorläufig hinsichtlich der „Besteuerung von Leibrenten und anderen Leistungen aus der Basisversorgung nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG“. Der Vorläufigkeitsvermerk wird sämtlichen Einkommensteuerbescheiden für Veranlagungszeiträume ab 2005 beigefügt, in denen eine Leibrente oder eine andere Leistung aus der so genannten Basisversorgung erfasst wird (BMF-Schreiben vom 30.8.2021, V A 3 – S 0338/19/10006 :001).
Das heißt: Rentner erhalten von nun an Einkommensteuerbescheide mit einem Hinweis auf die – teilweise – Vorläufigkeit der Steuerfestsetzung. Sollte das Bundesverfassungsgericht der Auffassung sein, dass die derzeitige Besteuerung von gesetzlichen Renten und Renten aus berufsständischen Versorgungswerken sowie ähnlichen Altersversorgungen verfassungswidrig zu hoch ist, so können die Steuerbescheide, die jetzt und in Zukunft ergehen, auch ohne vorherigen Einspruch geändert werden.
STEUERRAT: Achten Sie aber darauf, dass Ihr Bescheid den besagten Vorläufigkeitsvermerk enthält. Falls dies nicht der Fall ist, weil die programmtechnische Umsetzung noch auf sich warten lässt, sollten Sie Einspruch gegen den Steuerbescheid einlegen.
Zwar ergehen die Steuerbescheide vorläufig und ein Einspruch ist grundsätzlich nicht mehr erforderlich, allerdings sind die Finanzämter angewiesen, einen „Wichtigen Hinweis“ in den Bescheiden aufzunehmen, der wie folgt lautet:
„Sollte nach einer künftigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesfinanzhofs dieser Steuerbescheid Ihrer Auffassung nach hinsichtlich der Besteuerung von Leibrenten und anderen Leistungen aus der Basisversorgung nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG zu Ihren Gunsten zu ändern sein, benötige ich weitere Unterlagen von Ihnen. Von Amts wegen kann ich Ihren Steuerbescheid nicht ändern, weil mir nicht alle erforderlichen Informationen vorliegen.“
Hintergrund für diesen Hinweis ist Folgender: Der BFH hat nun mehrfach entschieden, dass selbst in den Fällen, in denen eine Doppelbesteuerung von Renten vorliegt, die Beweislast beim Steuerzahler liegt. Eine mögliche Zuviel-Belastung von Alterseinkünften müsse vom Bürger belegt werden. Dies ist zwar ein äußerst seltsames Rechtsverständnis, das viel Kritik geerntet hat, doch es hilft nichts. Die Urteile sind nun einmal in der Welt.
STEUERRAT: Wer der Ansicht ist, dass eine Doppelbesteuerung seiner Renten bereits heute nach den Parametern des BFH eintritt, sollte unverzüglich Einspruch gegen betreffende Steuerbescheide einlegen und eine konkrete Berechnung beifügen, die die Doppelbesteuerung aufzeigt (siehe dazu den Beitrag Rentenbesteuerung: So weisen Sie die Doppelbesteuerung nach). Dem Einspruch sollten geeignete Unterlagen (Versicherungsverlauf, Steuerbescheide und Steuererklärungen für die Jahre der Einzahlungsphase) beigefügt werden. Wer hingegen eine solche Berechnung nicht anstellen kann oder diese – nach der Sichtweise des BFH – eine Doppelbesteuerung nicht erkennen lässt, sollte auf einen positiven Ausgang der Verfassungsbeschwerden hoffen. ABER: Es könnte sein, dass das Verfassungsgericht zwar zugunsten der Rentner entscheidet, die Beweislast für die zu hohe Besteuerung indes beim Steuerbürger belässt. Rentner sollten, besser „müssen“ folglich nach wie vor Beweisvorsorge betreiben. Bewahren Sie also alle Steuer- und Rentenbescheide der vergangenen Jahrzehnte (!) auf.
STEUERRAT: Allzu oft verlassen sich die Steuerbürger darauf, dass ein Vorläufigkeitsvermerk – insbesondere aufgrund von Musterverfahren – so umfassend ist, dass bei einem positiven Urteil des Gerichts auch der eigene Steuerbescheid geändert werden kann. Doch weit gefehlt! Ist ein Vorläufigkeitsvermerk zum Beispiel im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit einer Vorschrift ergangen, so geht es auch nur um die Frage der Verfassungsmäßigkeit – und um nichts anderes. Diese bittere Erfahrung mussten schon viele Steuerpflichtige machen. Beispiel: Herr Müller dachte, die Besteuerung seiner Pension oder Rente könne später geändert werden, weil der Steuerbescheid wegen der möglicherweise „verfassungswidrigen Besteuerung von Alterseinkünften“ vorläufig ergangen ist. Tatsächlich wollte er den Bescheid nach einiger Zeit geändert wissen, weil sich herausstellte, dass eine Pension, die er aus dem Ausland bezog, geringer zu besteuern war als zunächst angenommen. Doch eine Änderung scheidet hier aus, weil es in dem Vorläufigkeitsvermerk nur um die Frage der Verfassungsmäßigkeit ging, nicht aber um „einzelgesetzliche“, also einzelne materiell-rechtliche Fragen (siehe FG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.12.2018, 14 K 3172/17).
Weitere Informationen: Rentenbesteuerung: So weisen Sie die Doppelbesteuerung nach